102. Auktion

29.6.2020

Lot 266

Mattias Heidrich, Hamburg, 135 x 110 x 90 mm, ehemals datiert Februar 1683
Bedeutende Miniatur Tischuhr mit Stundenselbstschlag und Tag- und Nachtanzeige mittels Sonne-Mond-Zifferblatt im vollflächig mit Filigranarbeit dekorierten Gehäuse, aus der ehemaligen Sammlung "Au Vieux Cadran" von Raymond Laforêt, Paris
Geh.: Silber und Gold, aufwändige Filigranarbeit, verglaste Seitenteile, scharnierte Rückseite mit montierter Glocke. Ziffbl.: Silber und Bronze, Champlevé. Werk: rechteckiges Messing-Vollplatinenwerk, signiert, Kette/Schnecke, Schlossscheibe, 1 Hammer, Kurzpendel.
Das in Filigrantechnik ausgeführte Gehäuse aus feinem Silberdraht in Form eines griechischen Tempels, mit kannelierten, korinthischen Pilastern, Dreiecksgiebel und allerhand architektonischem Zierrat aus Gold, wird in der Literatur auch als "curieux travail de filigrane" bezeichnet. Mit einer Höhe von lediglich elf Zentimetern wirkt es wie eine kleine, lebhaft verzierte Schmuckschatulle mit eingebautem Uhrwerk. Das "doppelte" Zifferblatt mit Tag- und Nachtanzeige mittels Sonne und Mond fügt sich perfekt in das Gehäuse ein. Es besitzt retrograde röm. Stunden für die Anzeige der Tages- und Nachtstunden, sowie eine umlaufende Minuterie mit arab. Zahlen. In der oberen Hälfte des Zentrums befindet sich eine halbkreisförmige Öffnung für die Anzeige der Sonnenphasen mit gravierter, goldener Sonnenscheibe oder Mondphasen mit graviertem silbernen Mond und Sternen auf einer Scheibe, die sich alle 24 Stunden einmal dreht. Wenn die Sonne auf der rechten Seite der Anzeige verschwindet, erscheint der Mond auf der linken Seite.
Dieses Sonne-Mond-Zifferblatt ist für eine Tischuhr ausgesprochen ungewöhnlich, ein weiteres Beispiel ist uns nicht bekannt. Aus der Literatur geht hervor, dass die Tischuhr ursprünglich einen Sockel aus Lapislazuli hatte und neben dem Namen und Wirkungsort des Uhrmachers auch das Datum der Entstehung Februar 1676 trug. Dieser Sockel ist leider verloren gegangen und wurde durch einen Holzsockel mit Messingschild ersetzt, auf dem die ursprüngliche Inschrift übernommen wurde. Dieses Datum kann tatsächlich als Entstehungsjahr gelten. Ob es sich allerdings um die erste Uhr mit Tag- und Nachtanzeige mittels Sonne-Mond-Zifferblatt handelt, kann nicht eindeutig geklärt werden, da mehr oder weniger zeitgleich in England und den Niederlanden Taschenuhren mit dieser neuartigen Anzeige erschienen. Die ersten werden um 1680 datiert.
Dennoch kann mit Sicherheit gesagt werden, dass es sich um die früheste Uhr mit Sonne-Mond-Anzeige handelt, die in Deutschland, fernab der Uhrmacherhochburgen gefertigt wurde. Sie stammt von Mattias Heidrich (auch Heydrich), der gegen Ende des 17. Jahrhunderts als Uhrmacher in Hamburg tätig war. Eine weitere Spindeltaschenuhr mit astronomischem Zifferblatt wird ihm zugeschrieben (William L. Scolnik, "A Catalog of Watches").
Provenienz:
- Collection "Au Vieux Cadran" von Raymond Laforêt, Paris
- Privatsammlung Schweiz
Über diese Uhr wurde ein ausführlicher Bericht in Klassik Uhren, Ausgabe 2/2009 und 3/2009 veröffentlicht.

schätzpreis
14.00025.000 €
Realisierter Preis
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