100. Auktion

15.11.2019

Lot 5

Nicolaus Rugendas, Augsburg, 36 mm, 40 g, circa 1650
Museale, einzeigrige Augsburger Miniatur-Email-Anhängeuhr "Merkur und Flora"
Geh.: polychromes Email, Goldmontierungen, Messinglunette, kugelförmiger Pendant mit Ring. Ziffbl.: Email, äußerer weißer Stundenziffernring mit röm. Zahlen, polychrom emailliertes Zentrum, Stahlzeiger. Werk: Vollplatinenwerk, Kette/Schnecke, aufgesetztes gebläutes Eisengesperr, zweiarmige Eisenunruh ohne Unruhspirale.
Die Gehäuseschale aus Email ist vollflächig opak polychrom bemalt. Auf der Rückseite befindet sich eine mit lebhaftem Pinselduktus und leuchtenden Farben gemalte Miniatur der beiden Gottheiten Merkur und Flora als verliebtes Paar an einem Waldesrand sitzend. Im Hintergrund erkennt man eine Festung vor einem Gebirge. Bunte Frühlingsblumen in prächtigen Farben mit einem Gewebe aus Tulpen, Lilien, Narzissen und Nelken zieren das Gehäusemittelteil und das Zifferblatt auf der Vorderseite. In strahlendem Hellblau zeigt sich die Innenseite.
Jürgen Abeler verweist in seinem Buch "Meister der Uhrmacherkunst", 2. Auflage, Wuppertal 2010 unter Nicolaus Rugen auf die berühmte Augsburger Uhr- und Kompassmacherfamilie Rugendas:
Nicolaus I Rugendas, 1582 in Melsungen (Hessen) geboren, kam 1608 nach Ausgburg, wo er 1616 Meister wurde und 1658 starb. Als anerkannter guter Uhrmacher und hatte zudem das Glück, sich reich zu verheiraten (1608, Sarah Schmidt). 1638/39 war er verordneter und geschworener Meister der Uhrmacher. Von den neun Kindern wurden zwei Söhne, nämlich Hans Jakob I und Nicolaus II (geb. 1619) ebenfalls Uhrmacher. Sein Sohn Nicolaus II. Rugendas lebte von 1619 bis 1695 in Ausgburg als Uhrmacher. Als Meisterstück fertigte er eine Tischuhr, die vom Erzherzog Leopold Wilhelm 1661 gekauft wurde. Von ihm haben sich einige Dutzend Räder, Sonnen- und Monduhren erhalten, allerdings ist man nicht sicher, ob nicht die Räderuhren von seinem Vater angefertigt wurden. Er hatte einen Sohn, Nicolaus III. (1665 -1745), der auch Kleinuhr- und Kompassmacher war.
Beim Gehäuse lassen die verwendeten Farben und der lebhafte Pinselduktus ebenfalls auf Augsburger Herkunft schließen, desweiteren die fehlende Verwendung von Gold als Emailträger, dessen Gebrauch in Augsburg eher unüblich war. Die Reichsstadt Augsburg mit ihren hochspezialisierten Goldschmiedewerkstätten war neben Genf, Blois oder Paris eine Hochburg für hochkarätige Emailmalerei im 17. Jahrhundert. In einer Abhandlung über Augsburger und Genfer Emailmalereien des späten 17. und frühen 18. Jahrhunderts ("Les arts du feu à Augsbourg et à Genève 1680-1710") schreibt Hans Boeckh, ehemaliger Kurator des Patek Philippe Museums in Genf, dass man durchaus von einer eigenen "Augsburger Schule" sprechen kann.
Beispiele hierfür finden sich allerdings höchst selten, nicht mehr als eine Handvoll Uhren haben überlebt, dazu zählt auch das vorliegende Exemplar.
Ikonographisch kann die Kombination beider Gottheiten Flora und Merkur als Sinnbild für kaufmännischen Erfolg stehen. Merkur, Gott der Händler und Diebe in liebevoller Verbindung mit Flora, der Göttin der Blüte und dem daraus resultierenden Reichtum.

Verkauft

schätzpreis
30.00040.000 €
Realisierter Preis
33.800 €