101. Auktion

16.11.2019

Lot 612

Isaac Thuret à Paris, Höhe 405 mm, circa 1680
Bedeutende Louis XIV Miniatur Pendule mit Halbstunden- / Stundenselbstschlag, aus der Experimentierphase der frühen Pendeluhren. In einem typischen, auch von Boulle entwickelten Uhren-Gehäusetypus "tête du poupée"
Geh.: ebonisiertes Holz, rotes Schildpattfurnier, Messingintarsien. Ziffbl.: vergoldetes Messing, floral graviert, signiert, vergoldeter Messingziffernring. Werk: konvex geformtes Messing-Vollplatinenwerk, 2 Federhäuser, 1 Hammer / 1 Glocke, Schlossscheibe, Spindelhemmung, vertikal angebrachte, dreiarmige, gebläute Unruh mit daran befestigtem Kurzpendel mit zusätzlicher Fadenaufhängung.
Charakteristisch konvex geformt ruht das Louis XIV Gehäuse auf einem integrierten, profilierten Rechtecksockel mit Zierfries auf vier gedrückten Messingkugelfüßen. Die Wandung ist furniert mit rotem Schildpatt, die Vorderseite zusätzlich mit Messingintarsien in "première contre partie" Technik dekoriert. Die mit Messinglaub verzierte Glocke befindet sich innerhalb einer vergoldeten Messingbalustrade oben auf dem Gehäuse und wird bekrönt von der Figur einer jungen Dame.
Der Form des Gehäuse folgend konvex gestaltet, befindet sich das vergoldete Messingzifferblatt, hinter der verglasten Fronttür. Zarte, florale Gravuren befinden sich in der oberen Hälfte, an den Seiten und im Zentrum, die Signatur "I. Thuret AParis" am unteren Rand. Darüber der aufgelegte Ziffernring mit eingelegten, römischen Stunden und arabischen Minuten.
Die Kombination aus Kurzpendel und vorhandener Unruh lässt darauf schließen, dass diese Uhr als transportable Uhr, mindestens von Raum zu Raum wenn nicht für längere Reisen, konzipiert war. Dieses herausragende, von einem der namhaftesten französischen Uhrmachern gefertigte Stück, ist gleichzeitig eine der frühesten Pendeluhren. Die Zusammenarbeit zwischen Christian Huygens und Isaac Thuret ist legendär.
Isaac Thuret (1649-1706) war einer der bedeutendsten französischen Uhrmacher. Im Jahr 1684 wurde Thuret zum königlichen Uhrmacher (Louis XIV) sowie zum Uhrmacher des Pariser Oberservatoriums ernannt. 1686 etablierte er sich in der Galerie du Louvre. Er wartete die Uhren des Schloßes Fontainebleau, sowie zwischen 1689 und 1694 die Uhren des Pariser Oberservatoriums und der Akademie der Wissenschaften. Am 22. Januar 1675 fertigte er die Uhr mit der ersten Unruhspirale für Huygens und gab es als seine eigene Erfindung aus. Später entschuldigte er sich bei Huygens dafür. Thuret fertigte ebenso Großuhren mit Spindelhemmung, Zykloidenbacken und Sekundenpendulen für Huygens, wovon eine im Boerhaave Museum in Leiden aufbewahrt wird. Er produzierte ebenso eine große Anzahl von "Religieuse" Pendulen.
Quelle: H.B. Vehmeyer "Clocks their origin and development 1320-1880", Band II, Wilsele 2004, Seite 994.
Eine Sonderform der unter Ludwig XIV. entstandenen "tête du poupée" Pendulen ist die entwicklungsgeschichtlich bedeutende "Puppenkopfuhr". Auf einem breiten, meist in Boulle-Technik dekorierten Sockel steht das im Umriss oft unruhig wirkende Gehäuse, das den Ziffernring rahmenartig umgibt. Vorbild für diese Form könnten die Spiegel- und Monstranzuhren des späten 16. und frühen 17. Jahrhunderts gewesen sein. Die eigentümliche Gehäuseform ist durch ihre Trennung zwischen Sockel und Werkgehäuse eine entscheidende Voraussetzung für die unter Ludwig XV. gebauten Pendulen geworden.
Diese Uhr ist abgebildet und beschrieben in: H.M. Vehmeyer "Clocks their origin and development 1320-1880", Band II, Wilsele 2004, Seite 836f.

schätzpreis
22.00030.000 €
Realisierter Preis
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