91. Auktion

16.5.2015

Lot 541

Josiah Emery, Charing Cross, London, Werk Nr. 908, 55 mm, 169 g, circa 1782
Museale Herrentaschenuhr mit früher Ankerhemmung nach Mudge mit Stahlankerrad
Geh.: 18Kt Roségold im Stil Valentine Walkers, glatt, à goutte, großes Außenscharnier, signierte und nummerierte Werkschutzkappe. Ziffbl.: Regulatorzifferblatt, Email, dezentraler Stundenziffernring mit radialen röm. Zahlen, kleine Sekunde, signiert, äußerer Minutenzifferring mit arab. Zahlen, gebläute Herz-Zeiger. Werk: Vollplatinenwerk, Schlüsselaufzug, gekörnt, vergoldet, signiert, Kette/Schnecke mit "Harrisons" konstanter Kraft, runde Werkspfeiler, zweiarmige, vergoldete Messingunruh mit verschraubtem Stahlring und zwei Kompensations-Doppel-S-Schleifen mit je einer außen aufgenieteten Stahl-Schraubenbasis, freischwingende, gebläute, zylindrische Unruhspirale, floral gravierte Unruhbrücke im Emery Stil, chatonierter Diamantdeckstein auf Unruh und Ankerrad.
Josiah Emery (1725-1797)
Der bedeutende Uhrmacher Josiah Emery, Charing Cross, London wurde im Schweizer Kanton Vaud geboren. Er zog nach London, wo er bekannt wurde durch die Herstellung exakt gehender Uhren mit Zylinderhemmung. 1781 ernannte ihn die "Clockmakers' Company" zum Ehrenmitglied. Er wurde berühmt als der erste Uhrmacher weltweit, nach Thomas Mudge, der Uhren mit Ankerhemmung produzierte. L. Berthoud sagte über ihn: "Seine Arbeit war auserordentlich fein in allen wesentlichen Details und ohne unnötige Extras."
Josiah Emerys modifizierte Ankerhemmung
Am 22. Juli 1776 schreibt Graf Brühl, sächsischer Gesandter am englischen Hof, an Thomas Mudge und fragt an, ob er von ihm ein Modell der Hemmung für Josiah Emery erhalten könne, wie sie in der "Queen Charlotte-Uhr", der allerersten Anker- Taschenuhr, die Mudge 1771 fertigstellte, verwendet wurde. Nach anfänglicher Ablehnung liefert Mudge das Modell wenige Zeit später. 1782 wird Emerys erste Anker-Taschenuhr für den Grafen Brühl fertig; sie ist nach Mudges Modell gebaut und hat, im Gegensatz zur Mudges "Queen-Charlotte-Uhr", einen "straightline-Aufbau", d.h. Unruh-, Anker- und Ankerrad-Wellen liegen auf einer Linie; Emery hielt sich an dieses Vorbild. In der frühen Form seiner Hemmung verwendet Emery Mudges Arrangement mit zwei Saphir-Nocken auf der Unruhwelle, die sich in zwei Ebenen befinden und mit den beiden ebenfalls in zwei Ebenen befindlichen Gabelhörnern des Ankers korrespondieren. Etliche Jahre später ändert Emery die Konstruktion, verlegt alles in eine Ebene und verwendet statt der Saphir-Nocken auf der Unruhwelle eine bewegliche Rolle.
Man kann behaupten, dass letztendlich der Entwurf Emerys für den Erfolg von Mudges Ankerhemmung verantwortlich war. Emery verwendete wohl mehr Lagersteine, der entscheidende Unterschied jedoch ist Emerys Verwendung einer Doppel-S-Kompensationsunruh, welche auf eine Idee Arnolds zurückgeht.
Wie wichtig Emerys Ideen, seine Arbeit, seine Uhren waren, geht einmal mehr daraus hervor, dass französische Uhrmacher, u.a. Breguet, seine Hemmung überarbeiteten. Wie es scheint, gehen auch die Ankeruhren von Pouzait auf Emery zurück, der ihm bei mindestens einem Besuch in seinem Heimatland Informationen gegeben haben könnte.
Um die Mitte des Jahres 1782 erhält Jean Baptiste Gaspard Bochart de Saron (1730-1794), der Präsident des Pariser Parlaments, als einer der ersten in der Klientel Emerys eine Taschenuhr mit Ankerhemmung für 90 Guineas. Nach Jonathan Betts in "Josiah Emery, Part 4, The Surviving Lever Watches" ist sehr wohl möglich, dass die vorliegende Uhr No. 908 diese Uhr gewesen ist (Jonathan Betts in „Josiah Emery, Part 4,The Surviving Lever Watches, Antiquarian Horology, Winter 1996, Seite 136).
Viele zur damaliger Zeit bedeutende Persönlichkeiten besaßen Anker-Taschenuhren von Josiah Emery, wie zum Beispiel der englische Prinzregent, der Duke of Sussex (sogar drei Stück) und der berühmte Admiral Horatio Nelson, der seine Uhr in der Tasche trug, als er in der Seeschlacht von Trafalgar fiel (heute im National Maritime Museum in Greenwich).
Josiah Emery hat nach eigenen Aussagen zwischen 1782 und 1793 ca. 38 Ankertaschenuhren verkauft, nur 22 Stück sind noch erhalten.

Verkauft

schätzpreis
35.00055.000 €
Realisierter Preis
59.600 €