105. Auktion

13.11.2021

Lot 271

Anonymous

Historisch interessantes Monstranzgehäuse hocharistokratischer Provenienz mit später hinzugefügtem zeitgenössischen Uhrwerk des Passauer Uhrmachers Josephus Jans (1680-1760) und rekonstruiertem Zifferblatt mit Gravuren allerhöchster Qualität

schätzpreis
15.00025.000 €
Realisierter Preis
-
Merkmale
Gehäuse
Vergoldetes Messing, Glas, Holz mit Schildpattfurnier, Glocke.
Zifferblatt
Vergoldetes Messing und Silber.
Werk
Hexagonales Messingwerk, feuervergoldet, Kette/Schnecke, zusätzliches Federhaus, 1 Hammer, Spindelhemmung, dreiarmige Messingunruh.
Maße500 mm
Circa1680
LandVermutlich Süddeutschland


Der runde Korpus besitzt auf der Rückseite und am Rand floral gravierte Schall-Zieröffnungen in Blütenform und eine große Glocke auf der rückwärtigen Innenseite. Der Korpus wird flankiert von weit ausladenden, gravierten Ziergittern in gleicher Blütenform und bekrönt von einer vollplastisch gearbeiteten Figur. Er ruht auf einem Balusterschaft über einem schildpattfurniertem, sechseckigen Sockel mit Riffelbändern und einer Schlüsselschublade auf gedrückten Kugelfüßen. Auf der Unterseite befindet sich ein rechteckiges Papieretikett mit der Bezeichnung "Schloß Eisgrub./Obj.-Nr. I/25, Inv.-Nr. 296".
Im Zuge umfangreicher Restaurierungsmaßnahmen wurde nachträglich ein zeitgenössisches Werk und ein rekonstruiertes Zifferblatt neueren Datums in das Gehäuse eingebaut, um den ursprünglich geplanten Zustand der Uhr wiederherzustellen.
Das Uhrwerk stammt aus einer sechseckigen Horizontaltischuhr, vermutlich aus der Zeit um 1710 und wurde von dem Passauer Uhrmacher Josephus Jans (1680-1760) angefertigt. Eine nahezu baugleiche Horizontaltischuhr befindet sich im Schottenstift in Wien.
Reste des Zifferblattes von Josephus Jans' Horizontaltischuhr fanden ebenfalls Verwendung und wurden als Ornament im Zentrum platziert. Die anderen Teile des Zifferblattes sind jüngeren Datums, jedoch von außergewöhnlich hoher Qualität. Nach historischem Vorbild wurden außen ein silberner Ziffernring mit röm. Stunden "I-XII" und arab. Stunden "13-24" angebracht, gefolgt von einem vergoldeten Messingziffernring mit wunderschön ausgeführten Tierkreiszeichen.
Monstranz-Uhren wurden meist von hochgestellten Geistlichen in Auftrag gegeben und waren daher immer Unikate mit entsprechend hohem Wert. Selten wurden sie auch als Meisterstücke angefertigt. Zunächst musste ein Riss, d.h. eine technische Konstruktionszeichnung angefertigt werden. Weitere Forderungen der Zunft waren Stunden- und Viertelstundenschlagwerk, sowie Weckeinrichtung, Gehwerk mit Spindelhemmung und vielfältige Anzeige von Indikationen.
Meisterschüler besaßen meist kein Geld und mussten sich für ein Meisterstück oftmals hoch verschulden, zumal zur Herstellung eines Unikates auch die Anfertigung der entsprechenden speziellen Werkzeuge hinzukam. In dieser Situation waren finanzkräftige Auftraggeber hoch willkommen, denn eine solche Uhr kostete den Gegenwert von etwa vier Jahresgehälter eines hochgestellten Beamten der damaligen Zeit.


Provenienz:
- Versteigert bei Christie's, Amsterdam, "Property from the Collection of the Princely House of Liechtenstein", 1. April 2008, Lot 179
- Bedeutende Wiener Privatsammlung
Das Monstranzgehäuse befand sich bis 2008 im Schloss Vaduz, Liechtenstein im Besitz von Franz Josef II. von und zu Liechtenstein, Herzog von Troppau und Jägerndorf, Graf zu Rietberg (*16. August 1906 auf Schloss Frauenthal, Steiermark, Österreich; verstorben 13. November 1989), der erste Sohn von Prinz Alois von und zu Liechtenstein und Erzherzogin Elisabeth Amalie von Österreich und Vater des heute regierenden Fürst Hans Adam II. (voller Name: Johannes Adam Ferdinand Alois Josef Maria Marko d´Aviano Pius von und zu Liechtenstein; *14. Februar 1945 in Zürich, Schweiz).
Vorbesitzerin war Aloysia Maria Gabriela Hyppolita (geboren 13. August 1838 auf Schloss Eisgrub / Lednice; verstorben 17. April 1920 in Wien), eine Prinzessin von und zu Liechtenstein und Gräfin Fünfkirchen. Sie war eine Tochter von Alois II. Maria Joseph Johann Baptista Joachim Philipp Nerius, Fürst von und zu Liechtenstein (1796-1858) und seiner Frau Franziska, einer geborenen Gräfin Kinsky von Wchinitz und Tettau (1813-1881). Aloysia heiratete in Wien am 22. Mai 1864 Graf Heinrich Fünfkirchen, die Ehe blieb kinderlos. Beigestzt ist Aloysia Maria Gabriela Hyppolita neben ihrem Gemahl in der Familiengruft in Stützenhofen.
Aloysia war für ihr soziales Engangement bekannt. Sie gründete 1904 zur Fürsorge von Obdachlosen und Bedürftigen die Bahnhofmission Wien, heute eine Einrichtung der Caritas.
Quelle: https://second.wiki/wiki/aloysia_von_liechtenstein, Stand 06.10.2021.
Das Fürstentum Liechtenstein ist bis auf 1136 zurück zu führen und gilt als ältestes noch regierendes Adelsgeschlecht Europas. Bedeutung erlangten die Fürsten von Liechtenstein als Diplomaten unter den Habsburgern im Hl. Römischen Reich. Reicher kultureller Austausch zwischen den Besitzungen in Österreich, Mähren und dem Reich fand seinen Höhepunkt in zahlreichen Schlössern und großen Kunstschätzen, die im Laufe der Jahrhunderte gesammelt und vererbt wurden.