107. Auktion

19.11.2022

Lot 97

Bazile-Charles Le Roy
Montre Médaillon à Tact

Bedeutende, mit großen Aquamarinen und Perlen besetzte Goldemail "Montre Médaillon à Tact" - Präsenttaschenuhr des Königs von Westphalen Jérôme Bonaparte (1784-1860), jüngster Bruder Napoléon Bonapartes und von 1807 bis 1813 König des Königreiches Westphalen an das Fürstenhaus Löwenstein-Wertheim-Freudenberg mit versteckter, emaillierter Gravur "Donnée par le Roi" (Überreicht vom König) und späterer silbernen Uhrenkette mit Aquamarinen. Die Uhr wurde innerhalb der Adelsfamilie über mehrere Generationen hinweg in direkter Linie an den jetzigen Besitzer weitergegeben.

Verkauft

schätzpreis
40.00070.000 €
Realisierter Preis
48.800 €
Merkmale
Gehäuse
20 kt Gold, Email, Aquamarine, Perlen, Gehäusemacher-Punzzeichen "PBT" (Pierre- Benjamin Tavernier), drei Punzen für 20 kt Gold Frankreich.
Zifferblatt
Goldplatine mit kleinem, dezentralem, guillochiertem Zifferblatt mit radialen röm. Zahlen.
Werk
"Lepine" Kaliber, signiert: "LEROY H.ger DE S.M. LE ROY DE WESTPHALIE" (LeRoy Uhrmacher seiner Majestät des Königs von Westphalen), Schlüsselaufzug, fliegendes Federhaus, Kommahemmung, dreiarmige Messingunruh.
Geh.-Nr.3165
Maße53 mm
Circa1800
LandFrankreich
Gewicht60 g


Taverniers "forme collier" Gehäuse, dessen Vorder- und Rückseite mit aufwändig guillochierter Strahlendekoration und transluzid taubenblauem Email dekoriert ist. Der drehbarer Frontdeckel besitzt einen diamantbesetzten Pfeil "sous émail" zum Anzeigen der Stunden. Als Tastknöpfe zum Erfühlen der Zeit ist das Mittelteil mit gefassten Aquamarinen und dazwischen sitzenden Perlen besetzt.
"Montre Médaillon à Tact" - Breguet war der erste Uhrmacher, der eine solche Uhr herstellte - er verkaufte die erste ihrer Art zu Anfang des Jahres 1799 an Madame Betancourt, die Frau seines besten Freundes. Er stellte weitere Uhren in verschiedenen Ausführungen her, einige hatten recht große Tastanzeigen (wie die vorliegende Uhr), andere nur kleine. Der Preis für die Uhren, die Breguet für die wohlhabensten seiner Kunden herstellte, lag zwischen 10,000 und 15,000 Francs. Im frühen 19. Jahrhundert war dies eine geradezu gewaltige Summe Geldes - trotzdem waren die Uhren heiß begehrt. Einer der Gründe für ihre Popularität war die Tatsache, dass es zur dieser Zeit als unschicklich galt, in der Öffentlichkeit auf die Uhr zu sehen; diese kostspieligen Uhren machten es möglich, die Zeit abzulesen, ohne die Uhr aus der Tasche nehmen zu müssen. Außer Breguet stellten nur noch wenige andere diese Art Uhr her; Le Roy Horloger de S.A.I et R. Madame à Paris (Bazile-Charles Le Roy (1765-1839)) war einer davon. Le Roy schuf einige dieser Uhren, die aufwändigste davon für den Prinzen von Hessen - sie besaß diamantene Tastanzeigen von 17ct und befindet sich heute in der Sammlung des Patek Philippe Museums in Genf. Sie wurde um 1810 hergestellt, ist guillochiert und emailliert und trägt die Nummer 3191.
Auf der Cuvette unserer vergleichbaren Uhr mit der Nummer 3165 befindet sich die Widmung "Donné par le Roi" ("Überreicht vom König") in gravierter und anschließend emaillierter Form. Dieser König war Jérôme Bonaparte (1784-1860), jüngster Bruder Napoléon Bonapartes und von 1807 bis 1813 König des Königreiches Westphalen, der die Uhr, nach Aussage des jetzigen Besitzers, etwa um 1807 an Ernestine Luise Gräfin von Pückler-Limburg (1784–1824), Gattin des Grafen und späteren Fürsten Georg Wilhelm Ludwig zu Löwenstein-Wertheim-Freudenberg (1775-1855) aushändigte. Seit Mitte der 1790er Jahre war Georg mit diplomatischen Missionen seines Hauses in Paris beauftragt. Es ging in erster Linie um Entschädigungsfragen im Zusammenhang mit der Mediatisierung der Territorien seines Vaters. Im August 1806 unternahm er den Versuch, Napoleon die Ländereien seines Hauses als Lehen anzutragen, um die Mediatisierung zu verhindern. 1807 trat er als Ehrenoberstallmeister und Ordonnanzoffizier in die Dienste von Jérôme Bonaparte, König von Westfalen. Wegen des Verlusts der linksrheinischen Gebiete erfolgte 1812/13 eine Namensänderung des Hauses von Löwenstein-Wertheim-Virneburg in Löwenstein-Wertheim-Freudenberg. 1816, mit dem Tod seines Vaters, übernahm Fürst Georg die Leitung seines Hauses.


Bazile-Charles Le Roy (1765-1839) war ein ingeniöser Uhrmacher, der Taschenuhren und Marinechronometer von hoher Qualität herstellte. Er gehörte zu den Pionieren, die in Frankreich die Ankerhemmung verwendeten. Am Anfang seiner Karriere stehen einige Uhren im Stil von Lepine, bald aber orientierte er sich an Breguet und seinen Brückenkalibern.
1805 wird Bazile-Charles Le Roy zum "Uhrmacher seiner kaiserlichen und königlichen Hoheit, der Kaisermutter" ernannt. Nah bei Napoleon und seiner Familie bot Bazile-Charles Uhren von sehr hoher Qualität an, sowohl traditionell gefertigte Uhren als auch Dezimal-Uhren, Montre à Tacts oder Uhren mit Sonnerie.
Am Ende der Französischen Revolution wird das Haus Le Roy als eine der führenden Adressen in Paris für die Herstellung von Pendulen und Reiseuhren bekannt, die hauptsächlich für die Offiziere der napoleonischen Feldzüge bestimmt waren. Bazile-Charles Le Roy wird selbstverständlich "Kaiserlicher Hofuhrmacher" von Napoleon I., der soeben in der Kathedrale Notre-Dame in Paris gekrönt wurde; ebenso "Uhrmacher der Kaisermutter" (Mutter von Napoleon), "Uhrmacher des Königs von Westphalen" (Jérôme Bonaparte, Bruder von Napoleon) und sogar der Prinzessin Pauline (Schwester von Napoleon).
Im Walters Art Museum in Baltimore befindet sich eine rot emaillierte und mit Diamanten und Perlen besetzte "Montre Médaillon à Tact". Sie wurde zwischen 1805 und 1809 für die Mutter Napoleons, Maria Letizia Bonaparte (1750-1836) angefertigt, als sie ihre Sehkraft verloren hatte. Die Uhr stammt von Bazile-Charles Le Roy (1765-1839) und trägt die Signatur "LE ROY Hgr. DE S.A. Ile ET Rle. MADAME A PARIS 2691". Die Gehäusenummer lautet 2896.