108. Auktion

20.5.2023

Lot 312

Meistermarke "M" mit drei Punkten

Sehr interessante, originalgetreue Reproduktion der aus dem 16. Jahrhundert stammenden, tragbaren, einzeigrigen Renaissance Dosenuhr aus der berühmten Lord Sandberg Sammlung, die bei Antiquorum 2001 als Lot 64 für 82.700 CHF versteigert wurde

Verkauft

schätzpreis
5.5008.000 €
Realisierter Preis
6.300 €
Merkmale
Gehäuse
Messing, Reste von Feuervergoldung, gedrückter Boden, allseitig graviert.
Zifferblatt
Messing, Reste von Feuervergoldung, gravierter Ziffernring "I-XII" und "13-24", zwölf Tastknöpfe zur Nachtablesung, zentrale gravierte Windrose und Sonnenstrahlenmotiv, Eisenzeiger.
Werk
Eisen, Monogrammkartusche "M" mit drei Punkten, Darmsaite/Schnecke, Spindelhemmung, Schweinsborstenregulierung, Radunrast.
Maße58 x 38 mm
Circa1980
LandSchweiz
Gewicht199 g


Die Wandung des zweiteiligen, zylinderförmigen Gehäuses ist mit Bandelwerk und Blattwerk graviert. Der Boden zeigt am Rand die Gravur eines geometrischen Musters. Im Zentrum befindet sich das Profilbildnis eines mit Helm und einer Art Lorbeerkranz bekrönten Mannes und die Inschrift "IVLIVS".
Das vorliegende Los folgt bis ins kleinste Detail einer einzeigrigen, um 1550 datierten Renaissance Dosenuhr aus der Lord Sandberg Sammlung und ist eine in Auftrag gegebene Reproduktion neueren Datums. Sie veranschaulicht nicht nur die Kunstfertigkeit des anonymen Uhrmachers, sondern auch die Problematik, Fälschungen aus der Zeit Peter Henleins eindeutig als solche zu identifizieren.
Bereits zur Zeit des Historismus, in der die Begeisterung für alles Historische, besonders für das Mittelalter und die Renaissance ihren Höhepunkt fand, wurden aufgrund der Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage viele Kopien, Repliken und Fälschungen hergestellt und auf den Markt gebracht. Möglich wurde dies durch hellsichtige Händler, die die Ersatzteillager verschiedener Uhrmacher aufkauften und die einzelnen Teile zusammenbauen ließen, um sie als Uhren aus der Zeit verkaufen zu können. Modelle fanden sich auf zahlreichen, zeitgenössischen Gemälden einflussreicher Persönlichkeiten, die sich mit den ersten tragbaren Uhren als Status- oder Vanitas-Symbol verewigen ließen.
Als wahrscheinlich berühmteste Nachschöpfung einer tragbaren Renaissance-Uhr gilt eine um 1890 von dem bedeutenden Uhrensammler Carl Marfels und später von dem Finanzmagnaten John Pierpont Morgan erworbene Dosenuhr, die Marfels als die älteste Taschenuhr der Welt gekauft und berühmt gemacht hatte. Später stellte sich heraus, dass es sich um eine Mariage aus einem Gehäuse, das um 1550/60 entstand und einem viel jüngeren Werk von 1680, handelte. Heute befindet sich die Uhr im New Yorker Metropolitan Museum.