108. Auktion

20.5.2023

Lot 167

Louis Audemars

Bedeutende, vermutlich einzigartige und hochfeine, reich ziselierte Savonnette mit Minutenrepetition und unabhängiger springenden Zentralsekunde "Seconde Morte", hergestellt für den russischen Markt

Verkauft

schätzpreis
8.00012.000 €
Realisierter Preis
31.300 €
Merkmale
Gehäuse
18 kt Gold, aufwändig graviert und ziseliert, graviertes Adelswappen der Familie Isakov und graviertes Monogramm mit Krone.
Zifferblatt
Email, personalisierte Indizes für Michail Isakov in kyrillischer Schrift.
Werk
Brückenwerk, 2 Hämmer / 2 Tonfedern, Tandemaufzug mit oben liegenden spiegelpolierten Gesperren, rotgoldenes Räderwerk, Goldschrauben-Komp.-Unruh.
Geh.-Nr.11093
Maße53 mm
Circa1910
LandSchweiz
Gewicht154 g


Das auffälligste Merkmal dieses Zeitmessers ist das ziselierte Gehäuse, an dessen Fertigstellung erfahrene Graveure aus Russland drei Jahre gearbeitet haben sollen. Diese Prunksavonnette wurde ursprünglich für einen Nachkommen des Zaren von Russland, Michel Isakoff (gemeint ist Michail Isakov) angefertigt, der diese Uhr Paul Souvray in Anerkennung seiner außergewöhnlichen und treuen Dienste am Hof des Zaren von Russland schenkte. Ein Originalbrief von Paul Souvray aus dem Jahr 1913, der diese Historie bestätigt, ist leider seit der Versteigerung der Uhr vor einigen Jahren bei Sotheby's in New York verschollen und existiert nur noch in Kopie.
Der Brief zeugt von den vielen außergewöhnlichen Qualitäten des Zeitmessers. Das preisgekrönte Chronometerwerk wurde speziell bei Louis Audemars & Cie bestellt. Die Firma wurde von Louis Audemars 1811 unter Mithilfe seines Schwagers Meylan in Le Brassus im Juratal gegründet, nachdem letzterer sich mit Isaac Piguet zu der später berühmten Firma Piguet et Meylan in Genf zusammengeschlossen hatte. Louis Audemars heiratete in erster Ehe eine Julie LeCoultre und daher stammt auch die sehr enge Freundschaft zwischen beiden Firmen. Er hatte 15 Kinder, davon starben 3. Neben 4 Töchtern gab es 8 Söhne. Die Firma beschäftigte sich mit der Herstellung von Rohwerken, die später auch die Finissage einschloss. Die Konstruktionen und die Herstellung wurden im eigenen Haus betrieben. Die Handwerksarbeit war qualitativ das Beste der damaligen Zeit und selbst Breguet erkannte diese aussergewöhnliche Qualität an, indem er neben seiner eigenen Werknummmer die Audemars-Werknummer im Gehäuse mit aufführte. Eine bessere Anerkennung konnte es kaum geben. Louis Audemars starb 1833 und die 8 Söhne führten die Firma fort. Es stellte sich jedoch heraus, dass die Preise für die namenlosen Werke fielen, während die Händlerspannen immer grösser wurden, und so beschloss man, Uhren unter eigenem Namen auf den Markt zu bringen. Das Erstaunliche ist jetzt, dass die 8 Söhne sich dafür ausserhalb des Hauses für bestimmte Details ausbilden ließen und, zurückgekehrt, dieses zusammengefasste Wissen ab ca. 1850 zur Herstellung der Uhren unter der Eigenmarke einsetzten. Nach wie vor galt die Priorität zugunsten der Handarbeit. Die Entwicklung war jedoch gegen die Audemars. Um 1840 begann Vacheron & Constantin als erste Firma, kurze Zeit später gefolgt von anderen Firmen wie LeCoultre, ihr Werk unter Zuhilfenahme des Maschinenbauingenieurs Georget Leschot - der Gleiche, der 1825 bei der Ankerhemmung den Zugwinkel einführte und sie damit vollendete - mit Herstellungsmaschinen auszustatten, die genauso präzise arbeiteten wie die Handarbeiter aber dreimal schneller, was natürlich den Verkaufspreis deutlich ermässigte. Als eine Art Gegenmaßnahme entschlossen sich die Audemars Uhren herzustellen, die maschinell so nicht zu fertigen waren, und dies ist die Geburtsstunde der Komplikationsuhren, denn niemand außer Audemars war in der Lage, Konstruktion, Präzision und Herstellung in höchster Vollendung zu vereinen. Ab 1860 wurde die Planung für die Weltausstellung in Wien 1873 aufgenommen, indem man eine Uhr konstruierte, die es so noch nie gegeben hatte und die alle Komplikationen enthalten sollte, die es sinnvollerweise bis zum Konstruktionsbeginn im Jahr 1860 gab. Dazu zählten die "endgültige Ankerhemmung", der Kronenaufzug, 49 Loch- und Decksteine (erstmalig), der Doppelaufzug für 2 Räderwerke (erstmalig), die abstellbare Springsekunde nach Pouzait mit eigenem Räderwerk (und einer 'Peitsche' im Eingriff mit dem Gangrad), Minutenrepetition, ewiger Kalender mit der 4-Jahresanzeige auf dem Zifferblatt für die selbständige Einstellung zum Schaltjahr (erstmalig), hierzu die Federsperre des Sternrades (erstmalig), handgeschliffene Stellhebel auch zwischen den Platinen sowie goldene Gangräder.