91. Auktion

16.5.2015

Lot 502

Leonhard Miller, Nürnberg, 56 mm x 92 x 12 mm, datiert 1609
Extrem seltene, aufklappbare, tragbare Elfenbein-Äquatorial-Klapp-Sonnenuhr
Auf einer Grundplatte aus Elfenbein umschließt ein rundes Horizontalzifferblatt mit Stundeneinteilung einen eingelassenen Kompass, der von einem messinggefassten Glas abgedeckt wird. Auf dem durch vier Scharniere mit ihr verbundenen Deckel befindet sich innen ein vertikales Zifferblatt, ebenfalls mit Stundeneinteilung. Der Schattenwerfer besteht aus einem zwischen den beiden Platten gespannten Faden, mit dem verschiedene Polhöhen eingestellt werden können, indem man ihn durch jeweils eins der 3 dafür vorhandenen Löcher im Deckel zieht. Eine solche Klappsonnenuhr wurde waagrecht aufgestellt, die Kompassnadel auf die Richtlinie in der Kompassrose genau nach Norden gestellt und dann die Zeit, die der Faden-Schatten auf dem Vertikal-und Horizontalzifferblatt zeigte, abgelesen. Die Uhr war richtig eingestellt, wenn beide Zifferblättter in ihrer Zeitangabe übereinstimmten. Aber es gibt weitere Anzeigen: Oberhalb des vertikalen Zifferblattes sind mit der Bezeichnung "Quantitas Diei" auf waagrechten Linien die Tierkreiszeichen mit den jeweiligen Tageslängen angegeben, beginnend mit 8 Stunden beim Steinbock bis zu 16 Stunden beim Krebs; dazu gehört der darüber liegende, nadelförmige Schattenwerfer. Unterhalb des runden Horizontalzifferblattes sind (zum Betrachter hin) zwei weitere Zifferblätter ins Elfenbein graviert, von denen eines die italienischen Stunden zeigt (die, links beginnend, aufwärts führen bis zur 23. Stunde rechts oben in der Ecke), das zweite die babylonischen Stunden. Diese beginnen links oben mit einer senkrechten Linie der 1. Stunde und bewegen sich nach rechts unten und enden dort mit der 15. Stunde. Der Schattenwerfer für diese italienischen und babylonischen Stunden befindet sich als kleine Spitze mittig unter den genannten Zifferblättern; noch darunter sehen wir die Signatur des Herstellers: "Lienhard Miler 1609".
Der Deckel der Uhr zeigt außen - umkränzt von Blättern, Zweigen und Früchten - eine sechzehnteilige Windrose, in der Mitte die Sonne. Will man eine Himmelsrichtung bestimmen, so muss man die (geschlossene) Uhr so lange waagrecht drehen, bis im Loch des Deckels die Magnetnadel erscheint; sie zeigt bei genau mittiger Stellung in Richtung Scharnier den Norden an. Mit der Windrose kann nun die - z.B. durch eine Landkarte vorgegebene - Richtung bestimmt werden. Auf der Außen- bzw. Unterseite der Grundplatte befindet sich, eingerahmt wieder durch Zweige, Blätter und Blüten, eine kreisförmige Umrechnungstabelle für Mond- und Sonnenstunden mit der Angabe des Mondalters auf dem Außenring und einem Innenring mit einer zweimal 12-Stunden-Einteilung. Im Zentrum trägt eine ehemals vergoldete, drehbare Messingscheibe mit Zeigernase eine ringförmige Skala - ebenfalls mit einer zweimal 12-Stundeneinteilung - die einen griesgrämigen Viertelmond und etliche Sterne umschließt. Seitlich in der Grundplatte links ist eine mit einem Messingdeckelchen verschließbare, schmale Kammer eingelassen, die wohl zum Aufbewahren von Ersatzteilen wie Faden und Polos dienen soll.
Sowohl Deckel als Grundplatte sind außen mit je vier vorstehenden Ziernägeln versehen.
Lienhard Miler wurde vor 1580 geboren und ist nach 1652 gestorben. Seine Arbeiten signierte er - wie auch in unserem Fall - in der Regel mit seiner Meistermarke, einer heraldischen Lilie, und vermerkte das Herstellungsjahr; aufgrund der zahlreichen erhaltenen Stücke, kann man auf eine ununterbrochene Tätigkeit zwischen 1602 und 1651 schließen.

Verkauft

schätzpreis
7.00010.000 €
Realisierter Preis
8.100 €