100. Auktion

15.11.2019

Lot 3

Henry Capt à Gèneve, Geh. Nr. 418, 39 mm, 52 g, circa 1830
Museale, mit Halbperlen besetzte, doppelseitige Goldemail Taschenuhr mit Musikspielwerk und 3 Automaten in Vier-Farben-Gold vor einer Gebirgslandschaft in hochfeiner Miniatur-Emailmalerei für den chinesischen Markt "Die Schaukel"
Geh.: 18Kt Gold, Vorder- und Rückseite verglast, die Lunetten auf der Vorder- und Rückseite mit Halbperlen besetzt, rändiertes Mittelteil, die Rückseite mit vierfarbig goldener Automatenszene vor polychrom emaillierter Landschaft, Drücker zum Auslösen des Automaten bei 4 Uhr, bzw. 8 Uhr. Ziffbl.: vergoldet, guillochiertes Zentrum, röm. Zahlen, Öffnung für Aufzugsvierkant der Uhr bei 6 Uhr, Öffnung für Aufzugsvierkant des Musikspielwerks und Automaten bei 2 Uhr, Spade-Zeiger. Werk: Vollplatinenwerk, umlaufendes Federhaus, Zylinderhemmung, Messing-Unruh, Musikspielwerk über Federhaus mit Stiften und Vibrationsblättern.
Vor der Emailminiatur mit Mühle und Gebirgsbach im Hintergrund befinden sich auf einer bewaldeten Anhöhe eine Gesellschaft in Mehrfarbengold. Links sitzt eine Dame mit einer Laute, in der Mitte eine junge Frau mit Hut auf einer Schaukel, rechts daneben ihr galanter Liebhaber, den Blick auf die Szene gerichtet. Sein Stock zum Antreiben der Schaukel liegt am Boden. Beim Auslösen des Automatenwerks beginnt die Musik zu spielen und die Figuren beginnen sich zu bewegen: die Laute wird gespielt, der Jüngling schubst seine Geliebte auf der Schaukel an und die Schaukel bewegt sich vor und zurück.
Eine ähnliche Taschenuhr ist abgebildet und beschrieben in Cecil Clutton/George Daniels: "Taschenuhren. Geschichte und Technik", (Übers. in d. Dt. Helmut Mann), Verlag C.H. Beck, München, 1982, Abb. 279.
Henry Capt (1773-1841) war einer der führenden Hersteller und Spezialist für Uhren mit zusätzlichen Funktionen wie Musikspieluhren und -automaten. Als einer der Ersten in Genf verwendete er Spielkämme und kleine Spielwalzen, um seine Musikautomaten zu bauen. Als Sohn von Jaques Samuel Capt and Susanne Piguet, wurde er im April 1773 in Chenit im Vallée de Joux geboren. Am 1. Januar 1796 heiratete er Henriette Piguet. Um das Jahr 1789 herum siedelte Capt nach Genf über und arbeitete für einige sehr bekannte Firmen, wie Jaquet-Droz, Godet, Leschot und für seinen Schwager Isaac Daniel Piguet. Im Jahre 1802 bildete Capt eine Partnerschaft mit Daniel Isaac Piguet die bis 1811 andauerte; er produzierte danach zuerst alleine weiter, bevor er 1830 eine Partnerschaft mit Aubert et Fils einging. Sein Sohn Henry führte die Werkstatt ab 1844 weiter. Im Jahr 1855 wurde ein Geschäft in der Rue du Rhône eröffnet, das sich schnell einen ausgezeichneten Ruf erwarb. In den 1870er Jahren warb das Haus Henry Capt damit, der einzige Uhrmacher in Genf mit einer Filiale in London zu sein. Später kamen Filialen in Paris, Nizza und New York dazu.
Die Kunst der Automatenherstellung in Genf
Um 1780 entfaltete sich in Genf eines der faszinierendsten Kapitel in der Geschichte der Uhrmacherei: man begann, mit ungeheurer Kunstfertigkeit Automaten herzustellen - Maschinen, die die Bewegungen von lebenden Geschöpfen nachahmen sollten. Die Palette reichte hierbei von den einfachsten Momenten, in denen z.B. eine Gestalt mit ihrem Arm auf die Zeit deutete, bis zu komplexen originalgetreuen Darstellungen wie ländlichen Szenen, Theaterstücken oder Konzerten. Die Automaten wurden schnell für eine Vielzahl von Konstruktionen aller Art eingesetzt - sie "belebten" Parfümflaschen, Amphoren, Spiegel und Schnupftabakdosen. Der Nutzen dieser exquisiten Stücke als Uhr war oft nur nebensächlich. Und da Leben auch immer Geräusch mit sich bringt, wurden die Automaten zusätzlich noch mit Musikspielwerken versehen. Die anerkannten Meister dieser extravaganten Symbiose von Schmuckuhren und Automaten waren unter anderem Pierre Morand, Henry Capt, Isaac Daniel Piguet und Philippe Samuel Meylan sowie die Genfer Werkstatt von Jaquet-Droz mit seinen Kollegen und Nachfolgern Jean-Frédéric Leschot und Jacob Frisard. Alle waren sie geniale Hersteller von Uhren mit Musikspielwerken, die zuerst mit Glocken spielten und später die Melodien dadurch hervorbrachten, dass ein Tonkamm durch einen Zylinder oder eine Stiftwalze zum Schwingen gebracht wurde. Diese Uhren waren hauptsächlich in den östlichen Märkten sehr beliebt und erhielten so während der Zeit des Handels mit der Türkei und China eine ausgefallene exotische Note, die den besonderen Charme dieser Stücke ausmachte und die es uns heute leicht macht sie zu erkennen. Die Familie Rochat und die Werkstatt Bruguier hielten diese Tradition bis circa 1850 aufrecht.
Quelle: La Tribune des Arts présente en exclusivité le Patek Philippe Museum, http://www.patekmuseum.com/, Stand 07.10.2011

Verkauft

schätzpreis
25.00050.000 €
Realisierter Preis
30.000 €