100. Auktion

15.11.2019

Lot 83

Hubert Sarton à Liège, Höhe 460 mm, Gesamthöhe 510 mm, circa 1810
Bedeutender, astronomischer Empire Präzisions-Tischregulator "Régulateur astronomique" mit Tages-, Datums- und Monatsanzeige, Mondphase und Mondalter, Halbstunden-/Stundenselbstschlag und Zentralsekunde
Geh.: schwarzer, profilierter, ovaler Marmorsockel auf sechs kreiselförmigen, vergoldeten Messingfüßen. Vergoldetes Messing Säulenpaar als Stütze des Uhrwerks und der Zifferblätter. Ziffbl.: Emailzifferblatt mit radialen röm. Stunden und innerer Datumsanzeige mit arab. Zahlen, Zentralsekunde; vergoldete, hochfein gravierte Lunette mit Palmetten- und Perldekor; gebläute Zeiger. Darunter befinden sich zwei Kalenderringe mit der Anzeige der Monate und der jeweiligen Anzahl der Tage links und die Anzeige der Wochentage mit den Symbolen der jeweiligen Tagesplaneten rechts; hochfein gravierte, vergoldete Lunetten, die Zentren jeweils skelettiert, jeweils 1 gebläuter Zeiger. Oberhalb des Stundenzifferblattes separate polychrom emaillierte Mondphasenscheibe mit Mondalteranzeige und vergoldeter, gravierter Lunette. Werk: runde Messingvollplatine, Präzisionsräderwerk mit Scherenhemmung. Rechenschlagwerk und Kalender-Räderwerk zwischen Zifferblättern und Messingvollplatine; 2 Federhäuser, Schlossscheibe; Harrison Typ Rost-Kompensationspendel mit Abfallregulierung und Schneidenaufhängung. Halbstunden-/Stundenschlag mit 1 Hammer auf große Glocke.
Hubert Sarton (1748-1828) lebte in einer geschichtlich bedeutenden Zeit. Beeinflusst von der Epoche der Aufklärung war er ein Vorreiter des Industriezeitalters. Sarton hatte das Glück, in Lüttich aufzuwachsen und zu leben - Lüttich war zu dieser Zeit eines der innovativsten Kunst- und Industriezentren Europas. Über Sarton wird nur wenig berichtet, obwohl sein Beitrag zur Uhrmacherkunst von größter Bedeutung ist. Er erlernte das Handwerk, indem er 1762 bei seinem Onkel Dieudonné Sarton arbeitete, wo er ein beachtliches technisches Geschick bewies. Nachdem er eine vierjährige Lehrzeit bei Pierre Leroy in Paris, dem ältesten Sohn von Julien und Bruder von Jean-Baptiste Leroy, abgeschlossen hatte, kehrte er 1772 als Uhrmachermeister nach Lüttich zurück.
Im Jahr 1778 sandte ihm Jean-Baptiste ein Portrait seines Vaters mit einer Widmung, die zeigt, wie sehr man Sarton bei Leroy geschätzt hatte: "To Mr. Sarton, clockmaker at Liége, in consideration of his zeal for horology, on behalf of M. Leroy fils, director of the Royal Academy of Sciences at Paris, and ‘garde du cabinet de physique du Roi’ at Passy" (Für Mr. Sarton, Uhrmacher in Lüttich, in Anerkennung seiner Verdienste in der Uhrmacherkunst, im Namen von M. Leroy dem Jüngeren, Direktor der Königlichen Akademie der Wissenschaften in Paris und Bewahrer der königlichen physikalischen Sammlung in Passy).
Sarton, der zum Hofuhrmacher des Herzogs Karl Alexander von Lothringen ernannt und Gouverneur und Generalkapitän der österreichischen Niederlande bestellt wurde und dann als "erster Ingenieur" des Fürstbischofs Franz Karl von Velbrück angestellt war, genoss die Vorteile einer solch privilegierten Stellung, die seinen Ruf weit über die Provinz von Lüttich hinaus verbreitete. 1783 hatte er außerdem das Bürgeramt eines Kommissars und Kämmerers der Stadt Lüttich inne.
Elf Jahre später fielen die Truppen der französischen Revolution in Lüttich ein und beendeten die österreichische Herrschaft. Es ist schwer einzuschätzen, welche Konsequenzen dieses Ereignis auf die Laufbahn von Hubert Sarton hatte. Es hat den Anschein, dass er sich von da an auf die Herstellung von Skelettuhren in verschiedensten Ausführungen konzentrierte. Die Zahl der produzierten Uhren lässt vermuten, dass Sarton eine große Werkstatt mit einer ganzen Anzahl von Angestellten führte - es gibt jedoch keine Unterlagen, die dies entweder bestätigen oder verwerfen könnten. Sarton war berühmt für die Erfindung einer Automatikuhr mit einem Rotor, für deren Konstruktion er 1778 ein Patent bei der französischen Akademie der Wissenschaften beantragte; er stellte im Laufe seines Arbeitslebens die verschiedensten Zeitmesser her, darunter Louis XV. Wanduhren, Louis XVI. Tischuhren, Tischuhren in Form einer Lyra, Wartesaaluhren, Skelettuhren, Regulatoren - und jede einzelne dieser Uhren beeindruckt durch ihre außergewöhnliche Qualität und ihre Einzigartigkeit.
Als begeisterter Horologe, Ingenieur und Erfinder war Hubert Sarton eine der herausragenden Figuren in der Uhrmacherwelt im Lüttich des späten 18. Jahrhunderts. Er war ein Visionär mit stetigem Interesse an Fortschritt und Weiterentwicklung, dessen beachtliche Laufbahn eine lange Reihe von Erfindungen aufwies. Sarton war ein Meister seines Handwerks - die außerordentliche Qualität und wunderbare Vollendung seiner Arbeiten zeugen noch heute davon.

schätzpreis
43.00055.000 €
Realisierter Preis
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