103. Auktion

7.11.2020

Lot 89

Sigmund Riefler, München, DRP No. 50739 / 60059, Werk Nr. 26, Höhe 1515 mm, circa 1896
Bedeutende, astronomische Präzisions-Sekundenpendeluhr mit Regulator-Zifferblatt und Rieflers Federkrafthemmung, für Sternzeit reguliert und geliefert an das Observatorium der "Case School of Applied Science" in Cleveland
Geh.: Mahagoni. Ziffbl.: versilbert. Werk: Rechteckform-Messingwerk, Gewichtsantrieb, Sekundenkontakt, Echappement mit Federkrafthemmung No. 47, Quecksilber-Kompensations-Pendel "Typ H", Nr. 117, DRP Nr. 60059.
Neben der No. 56 ist dies die zweite frühe Riefler-Uhr in dieser Auktion, die ebenfalls an das Observatorium der "Case School of Applied Science" in Cleveland geliefert wurde, allerdings schon am 17.12.1896 und damit knappe fünf Jahre zuvor. Riefler-Uhren mit solch frühen Nummern wie die No. 26 befinden sich in der Regel in Museen oder werden in den historischen Sammlungen der wissenschaftlichen Institute gezeigt, in denen sie früher im Einsatz waren; dass diese hier in einer Auktion angeboten werden kann, darf alleine schon als Sensation bezeichnet werden. Zudem ist ihr Zustand - von zwei Rissen in der Vogelaugenahorn-Rückwand abgesehen - absolut perfekt und dabei in jeder Einzelheit original. Dementsprechend finden wir hier alle Merkmale der frühen Uhren, die im Zuge der Weiterentwicklung bei Riefler in verschiedenen Varianten gebaut wurden. Das beginnt bei der gußeisernen Wandbefestigung des Werkträgers mit nur zwei übereinanderliegenden Schrauben und es ist vermutlich auch eine der letzten Uhren, bei denen der Werkträger oben mit kegelförmigen Pfeilern versehen ist; schon 1897 waren diese Pfeiler gerade ausgeführt. Auch ist die hintere Werksplatine noch direkt an die Pfeiler angeschraubt, während später die bekannten Abstandshalter mit Rändelschrauben verwendet wurden. Die Pendelstange mit dem ultrafeinen Gewinde trägt die vier Kompensationsscheiben für die Sternzeit-Regulierung, wie sie genau so in Sigmund Rieflers Beschreibung der Aufstellung und Regulierung der frühen astronomischen Uhren mit Quecksilberkompensationspendel abgebildet sind. Diese Pendel vom Typ H wurden nur wenige Jahre später von den Nickelstahl-Pendeln abgelöst.
Bereits in diesen ersten Jahren der Riefler'schen Uhrenproduktion zeigt sich übrigens, wie unterschiedlich sich die Pendel- und die Uhrenproduktion zahlenmäßig entwickelten. Schon die Uhr No. 26 wurde ausgeliefert mit dem Pendel No. 122 - am Ende gab es bekanntlich gut 600 Riefler-Uhren, aber weit über 4000 Pendel, die an alle namhaften Hersteller von Präzisionspendeluhren verkauft wurden.
Das ursprüngliche Warner & Swasey Observatory in Cleveland, das in Rieflers Verkaufsbuch als Empfänger der Uhr eingetragen ist, wurde übrigens aufgrund der zunehmenden "Lichtverschmutzung" in den 1950er Jahren aufgegeben. Heute ist es dem Verfall preisgegeben und einer der von Fotografen geschätzten "lost places". Die Riefler-Uhr No. 26 dagegen war seit ihrer Außerdienststellung in privater Hand, kam nie in den Verkauf und ist jetzt ein absolut einmaliges Stück Technikgeschichte.

Verkauft

schätzpreis
50.00080.000 €
Realisierter Preis
82.100 €