103. Auktion

7.11.2020

Lot 250

William Anthony, London, Geh. Nr. 1871, 64 mm, 179 g, circa 1800
Bedeutende, museale, mit Halbperlen besetzte Goldemailtaschenuhr mit Duplex-Stiftenhemmung, Zentralsekunde mit Halbsekundensprung und 7 Tagen Gangdauer - für den chinesischen Markt
Geh.: 18Kt Gold und polychromes Email, rund. Ziffbl.: Email. Werk: Brückenwerk, Schlüsselaufzug, vergoldet, aufwändig floral graviert, großes fliegendes Federhaus, fünfarmige Stahlunruh.
Pendant, Schaft, Bügel und die beiden Lunetten sind auf der Vorder- und Rückseite mit zart schimmernden Halbperlen geschmückt. Auf der Rückseite befindet sich ein hochfein bemaltes Emailmedaillon, eingefasst von einer schmalen Bordüre aus Gold und weißem Email auf guillochiertem und transluzid kobaltblau emailliertem Grund. Die feinst bemalte Miniatur zeigt den Abschied Hektors von seiner Frau Andromache und ihrem Sohn Astyanax. Die literarische Quelle stammt aus dem 6. Buch von Homers epischem Werk die Ilias, die Vorlage des Medaillons stammt von einem 1790 enstandenen Kupferstich von Luigi Schiavonetti (1765-1810) nach einer Vorlage Angelika Kauffmanns (1741-1807).
Obwohl die Emailmalerei nicht signiert ist, lässt sie sich relativ eindeutig als ein Werk Lissignols einstufen. Der mit nur einem Haar angefertigte, extrem feine Pinselstrich und die pointillistisch eingesetzte Malweise ist charakteristisch für die Arbeiten Lissignols. Jean-Abraham Lissignol wurde 1749 in Genf geboren. Er war Schüler und Partner von Jean-Marc Roux und wurde später in Paris weiter ausgebildet. Lissignol war einer der bedeutendsten Emailminiaturmaler, spezialisiert auf Schnupftabakdosen und Uhrengehäuse. Er arbeitete für Jaquet-Droz, Leschot, Rochat und John Rich, sowie für Jean-Georges Rémond & Company. 1819 starb er in Plainpalais.
William Anthony (1765-1844) hatte seine Werkstatt in der Red Lion Street, St. John's Square, Clerkenwell, wo er hochklassige, dekorative Uhren für den chinesischen Markt herstellte. Charakteristisch für seine Produktion sind Uhren mit ovalen Zifferblättern und Teleskopzeigern, die so gestaltet waren, dass sie sich automatisch an den sich ändernden Radius des Zifferblattes anpassten. Als erfolgreicher Geschäftsmann spielte Anthony 1815 eine aktive Rolle bei der Gründung der Watch- and Clockmakers' Benevolent Association, erlitt aber nach einem erfolglosen Rechtsstreit und einer missglückten Ausstellung eine Reihe von Verlusten. William Anthony starb 1844 in ärmlichen Verhältnissen, weil er vergessen hatte Miete für seine Immobilien einzufordern.
Quelle: G.H. Baillie "Watchmakers and Clockmakers of the World", Bd. I, Edinburgh/London, 1947, S. 7 und Terence Camerer-Cuss / Osvaldo Patrizzi "The Sandberg Watch Collection", Genf 1998, S. 268.
Uhren von William Anthony gelangen nur äußerst selten auf den Markt. Wenn wir uns mit den Privatsammlungen und dem Auktionsmarkt der letzten 50 Jahre befassen, so sehen wir, dass lediglich 17 ovale Uhren (6 davon mit Teleskopzeigern) und 15 runde Uhren bekannt sind.

schätzpreis
60.000120.000 €
Realisierter Preis
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