103. Auktion

7.11.2020

Lot 140

John Arnold, London, Invt. et Fecit, Werk Nr. 43/344, 54 mm, 119 g, circa 1783
Historisch interessantes Taschenchronometer - "OF THE SECOND QUALITY" - mit Federchronometerhemmung und originaler Mahagonischatulle
Geh.: Silber, Widmungsgravur, Gehäusemacher-Punzzeichen "WW". Ziffbl.: Email. Werk: Vollplatinenwerk, Arnold's Federchronometerhemmung, OZ-Unruh, zylindrische Gold-Unruhspirale, feinst gravierter durchbrochen gearbeiteter Unruhkloben.
Die Gravur des Silbergehäuses mit den vorgeschriebenen Hall und Date Marks von 1783 lautet: "Dieses Chronometer ging mit Kapitän James Cook um die Welt und wurde im Jahre 1816 von der ehrenwerten Hudson's Bay Company ihrem Sekretär, dem hochwohlgeborenen Herrn Alexander Lean, zum Geschenk gemacht." Da Cooks dritte und letzte Reise von 1776-1779 stattfand, das Chronometergehäuse aber eindeutig erst sieben Jahre später entstand und gewisse technische Details des Chronometers, wie die Federchronometerhemmung, OZ-Unruh und die zylindrische Goldunruhspirale erst um 1779 von Arnold angewandt wurden, ist anzunehmen, dass das Gehäuse später gefertigt wurde, denn es ist zumindest unwahrscheinlich, dass die Widmungsgravur in dieser zeitlichen Nähe und diesem Umfeld wissentlich eine falsche Behauptung aufstellen würde. Mit Sicherheit steht fest, dass Gehäuse und Zifferblatt um 1783 entstanden sind. Nachdem aber bekannt ist, dass bereits im Jahre 1774 auf der Nordpol-Expedition von Kapitän Phipps ein Arnold-Chronometer mit Federchronometerhemmung verwendet wurde, muß angenommen werden, dass das Chronometer Arnold, No. 43 - in einem anderen, gegen Feuchtigkeit besser geschützten Gehäuse - auf Kapitän Cooks letzter Reise als Experimentier-Chronometer getestet wurde. An dieser Reise nahm nachweisbar auch der Comodore der Hudson Bay Company, Kapitän William Christopher teil und es wird vermutet, dass dieser oder die Hudson Bay Company der Erstbesitzer des Chronometers war. Bestimmt war die Hudson Bay Company - eine der ersten Aktiengesellschaften - die damals neben der East India Company die größte englische Handelsgesellschaft war, an den Ergebnissen von Chronometertests interessiert. Leider ist derzeit nicht bekannt, ob auf Cooks dritter Reise - bei der die für die Hudson Bay Company äußerst wichtige Möglichkeit einer Atlantik-Pazifikverbindung quer durch den nördlichen Teil des heutigen Canadas geprüft wurde - neben den Kendall-Chronometern No. 1 und No. 3 auch ein Chronometer von John Arnold zu einem Vergleich herangezogen wurde. Es ist aber anzunehmen, dass der Chronometer Arnold, No. 43 von Kapitän Christopher auf dieser Reise verwendet wurde. Der spätere Besitzer des Chronometers, Alexander Lean, erhielt dieses von der Hudson Bay Company als Geschenk für geleistete Dienste. Lean war von 1792 bis 1817 Secretary (vergleichbar heute etwa der Position des Vorstandsvorsitzenden) dieser Gesellschaft. Er kartografierte die Nordwestküste Canadas für die britische Admiralität, stand in engem Kontakt mit der Royal Society und besonders mit Alexander Dalrymple, dem ersten Hydrografen der Admiralität. Im Jahre 1817 verließ Alexander Lean die Hudson Bay Company mit einer jährlichen Pension von £400.
Abgebildet und beschrieben in: "100 Jahre Präzisionsuhren" von John Arnold bis Arnold & Frodsham 1763-1862" von Hans Staeger, Filderstadt 1997, Seite 165f.
John Arnold (1736-1799)
Nach seiner Lehrzeit bei seinem Vater in Cornwall liess sich John Arnold 1760 in London nieder. 1764 überreichte er König George III eine Uhr mit Achtelrepetition und Zylinderhemmung, die in einem Ring montiert war. Als Arnold 28 war, wiesen seine Uhren - ob mit Spindel- oder Zylinderhemmung - bereits interessante originelle Bauteile auf, wie z.B. die lineare Temperaturkompensation oder die Minutenrepetition mit 10 Minuten-Stufen (statt der gebräuchlichen 15 Minuten-Stufen). Um 1768 begann Arnold, sich für Marinechronometer zu interessieren. Er führte sein Geschäft ab 1771 in den Adelphi Buildings in der Adam Street, Strand, und experimentierte dort über die nächsten 11 Jahre mit Marinechronometern. 1774 konstruierte Arnold eine Wippen-Chronometerhemmung; 1776 erfand er die Endkurven für die zylindrische Unruhfeder und bezog diese Konstruktion in das Patent für eine Bimetall-Unruhkompensation mit ein, das er 1782 einreichte. Später entwickelte Arnold noch zahlreiche weitere Unruh-Konstruktionen wie Doppel-T, Doppel-S, Z, O-Z, und U. Arnold, der ab 1783 Mitglied in der Gilde der Uhrmacher war, war der Erste, der den Begriff "Chronometer" im heutigen Sinn verwandte und es außerdem verstand, Harrisons Konstruktionen für den praktischen Gebrauch zu vereinfachen. 1787 ging Arnold mit seinem Sohn John Roger eine Partnerschaft ein und änderte den Firmennamen in "Arnold & Son" (Arnold & Sohn); die Firma trug diesen Namen bis zu seinem Tod.

Verkauft

schätzpreis
14.00020.000 €
Realisierter Preis
16.000 €