104. Auktion

22.5.2021

Lot 201

Planchon, Palais-Royal

Wunderschöne, sehr seltene Pariser Miniatur Türmchenuhr im Neo-Renaissance-Stil, mit originaler, tabernakelförmiger und mit Seide ausgeschlagener Saffianleder Schatulle

Verkauft

schätzpreis
3.0005.000 €
Realisierter Preis
2.600 €
Merkmale
Gehäuse
Messing, vergoldet, vier gestufte Messingfüße, seitliche Gravuren, scharnierter Rückdeckel, durchbrochen gearbeitete Kuppel für Glocke, Figurenaufsatz.
Zifferblatt
Silber, fein graviert, Ziffernring mit radialen röm. Zahlen.
Werk
Rechteckiges Messing-Vollplatinenwerk, Echappement mit Seitenankerhemmung, Schrauben-Komp.-Unruh.
Geh.-Nr.5594
Maße106 mm
Circa1890
LandFranzösisch


Sämtliche Ornamente sind denen der großen Türmchenuhren aus der Zeit der Renaissance nachempfunden. Das aufgeschraubte, ovale Silberzifferblatt ist aufwändig dekoriert mit figürlichen und floralen Gravuren. Im Zentrum befindet sich Prudentia mit Schlange und Spiegel, als Personifikation der Klugheit, inmitten einer bergigen Landschaft. Blüten- und Blattranken, Füllhörner, Vögel und Eichhörnchen, zwei Phantasiewesen mit Fischschwänzen und eine gehörnte Teufelsgestalt schmücken den Rand.
Die linke Gehäuseseite ist graviert mit der figürlichen Darstellung der Temperantia (Personifikation der Mäßigkeit) mit Wasserkrug, Rosensträuchern und Schnecken, die rechte Gehäuseseite mit der Personifikation der Stärke, Fortitudo mit flammendem Schwert, Ziegenböcken und Tauben. Bekrönt wird das Gehäuse mit einer die Glocke verdeckenden, durchbrochenen und mit Füllhörnern verzierten Kuppel und einem geflügelten Putto.
Das Miniatur Türmchen stammt wohl aus ehemaligem aristokratischen Besitz, eine Monogrammgravur "BQ" unter einer französischen Grafenkrone mit neun Perlzinken befindet sich zusammen mit der Signatur Planchons auf der Gehäuserückseite.
Eine nahezu identische Uhr ist abgebildet und beschrieben in Derek Robert "Carriage and other Travelling Clocks", Atglen, 1993, S. 113.
Mathieu Planchon (1842-1921) stammte aus einer Uhrmacherfamilie in Bourges. Nachdem er seine Lehrzeit u.a. bei dem großen Illusionisten Jean-Eugène Robert-Houdin absolviert hatte, ließ er sich von 1870 bis 1921 in der Galerie Montpensier am Palais Royal in Paris nieder. Seine Werke sind von dem damals populären neugotischen Stil geprägt, inspiriert von dem berühmten französischen Architekten, Denkmalpfleger und Kunsthistoriker Eugène Viollet Le Duc. Später entwickelte Planchon seinen eigenen Stil den 'Stil Planchon', der sich als eklektische Kombination aus verschiedenen Stilelementen darstellt. Planchon veröffentlichte mehrere Bücher und schrieb einen Beitrag über eine große Uhrenausstellung im Jahr 1900.
Quelle: Tardy, Dictionnaire des Horlogers Français, Paris 1972, S. 525.