104. Auktion

22.5.2021

Lot 25

Franz Lidecke
Normalzeit

Exquisiter Glashütter Präzisionsregulator mit Riefler Pendel Typ J Nr. 1770, DRP 100870

Verkauft

schätzpreis
16.00022.000 €
Realisierter Preis
31.300 €
Merkmale
Gehäuse
Nußbaum.
Zifferblatt
Versilbertes Regulatorzifferblatt.
Werk
Rechteckform-Messingwerk, Graham-Hemmung mit justierbaren Stahlpaletten mit eingelegten Saphiren, Aufhängung über Pendelfeder, seitliche Pendelanregung.
Maße1500 mm
Circa1919
LandGerman


Wir haben hier einen Regulator höchster Qualität vor uns, gefertigt für Franz Lidecke in Bremerhaven von der Manufaktur Paul Stübner in Glashütte, Sachsen,der ausgewiesenermaßen im Dienst der "Normalzeit" stand und in vielen Details den hohen Anspruch des Herstellers zum Ausdruck bringt: Alle Lager des Werks auf dem massiven Tragestuhl sind chatoniert, der Graham-Anker mit den eingelegten Steinen wird von der seitlichen Pendelanregung nach Paul Stübner bewegt, das Gewicht ist seitlich geführt, um schließlich das Riefler-Pendel von jeglichen störenden Einflüssen fernzuhalten. Auch das schöne Gehäuse ist von bester Verarbeitung, der Zustand insgesamt hervorragend.
Nach der Familienüberlieferung war diese Präzisionspendeluhr das einzige Instrument, welches nach den verheerenden Luftangriffen auf Bremerhaven 1944 aus der Werkstatt gerettet werden konnte.
Franz Lidecke (1871-1961) erlernte das Handwerk bei seinem Vater, besuchte 1893/1894 die Meisterklasse der Deutschen Uhrmacherschule in Glashütte und ging anschließend nach England. Dort war er bei dem Uhrmacher H. J. Drake in Tunbridge Wells und möglicherweise auch bei Thomas Mercer tätig. 1901 übernahm Franz Lidecke das väterliche Geschäft. Im Zeitraum von 1898 bis 1914 reichte er 125 Chronometer zu den Konkurrenzprüfungen ein, etliche davon mehrfach. Von der Kaiserlichen Marine wurden 68 Chronometer für RM 55700 angekauft. Lidecke bezog zwei vollkommen fertiggestellte Chronometer von Kullberg. Seine Hauptlieferanten waren jedoch die Firma Mercer, die zahlreiche unvollendete Werke nach Geestemünde schickte, sowie die Werkstatt von Paul Stübner in Glashütte. Er bezog Rohwerke, Unruhen, Spiralen, Steine, Zeiger und Zifferblätter aus England. Nach Lideckes eigener Angabe waren ein Viertel seiner Chronometer deutschen Ursprungs.
Quelle: Oestmann, Günther: Auf dem Weg zum "Deutschen Chronometer": Die Einführung von Präzisionszeitmessern bei der deutschen Handels- und Kriegsmarine bis zum Ersten Weltkrieg (= Deutsche Maritime Studien, 21). Bremerhaven 2012, Seiten 77 + 78.
Ihno Flessner veröffentlichte 2005 im Klassik Uhren Heft 5-2005, Ausgabe Oktober/November, eine umfangreiche Abhandlung über die Familie Lidecke unter dem Titel "Chronometermacher aus Bremerhaven - 4 Generationen Uhrmacher vor 150 Jahren von Georg Lidecke gegründet" (Seiten 26-34). Dabei ist der vorliegende Präzisionsregulator auf Seite 28 abgebildet.