95. Auktion

6.5.2017

Lot 363

Isaac Thuret, Paris, Höhe 390 mm, circa 1680
Bedeutende Louis XIV Miniatur Pendule mit Viertelstunden- /Stundenselbstschlag, aus der Experimentierphase der frühen Pendeluhren. In einem typischen, auch von Boulle entwickelten Uhren-Gehäusetypus "tête du poupée" mit korrespondierender Konsole
Geh.: ebonisiertes Holz/rotes Schildpattfurnier/Messingmarketerie. Ziffbl.: vergoldetes Messing, aufgelegter versilberter Ziffernring, signiert. Werk: konvex geformtes Messing-Vollplatinenwerk, signiert, 3 Federhäuser, 3 Hämmer / 3 Glocken, Schlossscheibe, Spindelhemmung, vierarmige Stahlunruh mit daran befestigtem Kurzpendel mit zusätzlicher Fadenaufhängung.
Das charakteristische, konvex geformte Louis XIV Gehäuse ruht auf einem rechteckigen, mit Zierfries verzierten Sockel auf vier godronierten Füßen. Die Wandung ist furniert mit rotem Schildpatt und Messingintarsien in "première contre partie" Technik mit pflanzlichen Arabesken. Die Glocken befinden sich in einem gewalmten Aufsatz mit vergoldeter Messingbalustrade. Das vergoldete Messingzifferblatt, mit feinst floral graviertem Zentrum, hat einen aufgelegten, versilberten Ziffernring mit eingelegten, römischen Stunden. Ein kleines, versilbertes, mit Blüten graviertes Regulierzifferblatt befindet sich im oberen Ausschnitt des Zifferblattes, umgeben von zierlichen, gravierten Girlanden und Zierbändern.
Die Kombination aus Kurzpendel und vorhandener Unruh lässt darauf schließen, dass diese Uhr als transportable Uhr, mindestens von Raum zu Raum wenn nicht für längere Reisen, konzipiert war. Dieses herausragende, von einem der namhaftesten französischen Uhrmachern gefertigte Stück, ist gleichzeitig eine der frühesten Pendeluhren. Die Zusammenarbeit zwischen Christian Huygens und Isaac Thuret ist legendär.
Isaac Thuret (1649-1706) war einer der bedeutendsten französischen Uhrmacher. Im Jahr 1684 wurde Thuret zum königlichen Uhrmacher (Louis XIV) sowie zum Uhrmacher des Pariser Oberservatoriums ernannt. 1686 etablierte er sich in der Galerie du Louvre. Er wartete die Uhren des Schloßes Fontainebleau, sowie zwischen 1689 und 1694 die Uhren des Pariser Oberservatoriums und der Akademie der Wissenschaften. Am 22. Januar 1675 fertigte er die Uhr mit der ersten Unruhspirale für Huygens und gab es als seine eigene Erfindung aus. Später entschuldigte er sich bei Huygens dafür. Thuret fertigte ebenso Großuhren mit Spindelhemmung, Zykloidenbacken und Sekundenpendulen für Huygens, wovon eine im Boerhaave Museum in Leiden aufbewahrt wird. Er produzierte ebenso eine große Anzahl von "Religieuse" Pendulen.
Quelle: H.B. Vehmeyer "Clocks their origin and development 1320-1880", Band II, Wilsele 2004, Seite 994. Eine Sonderform der unter Ludwig XIV. entstandenen "tête du poupée" Pendulen ist die entwicklungsgeschichtlich bedeutende "Puppenkopfuhr". Auf einem breiten, meist in Boulle-Technik dekorierten Sockel steht das im Umriss oft unruhig wirkende Gehäuse, das den Ziffernring rahmenartig umgibt. Vorbild für diese Form könnten die Spiegel- und Monstranzuhren des späten 16. und frühen 17. Jahrhunderts gewesen sein. Die eigentümliche Gehäuseform ist durch ihre Trennung zwischen Sockel und Werkgehäuse eine entscheidende Voraussetzung für die unter Ludwig XV. gebauten Pendulen geworden.
Eine sehr ähnliche Uhr von Isaac Thuret ist abgebildet und beschrieben in: H.M. Vehmeyer "Clocks their origin and development 1320-1880", Band II, Wilsele 2004, Seite 836f.

Verkauft

schätzpreis
6.00020.000 €
Realisierter Preis
18.600 €