96. Auktion

18.11.2017

Lot 404

Benjamin Gray / Justin Vulliamy, London, Werk "xox", 48 mm, 135 g, circa 1759
Museale Goldemail Doppelgehäuse-Taschenuhr mit Viertelstundenrepetition, Zylinderhemmung und korrespondierendem, hochfeinen Gold-Chatelaine mit bemalten Emailmedaillons "Der Großmut Scipios"
Geh.: Außengehäuse - 22Kt Gold, polychromes Email, Gehäusemacher-Punzzeichen "PM" (Peter Mounier of Frith Street, Soho, London). Innengehäuse - 22Kt Gold, Bodenglocke, Werkschutzkappe. Chatelaine - Gold/vergoldet, polychromes Email. Ziffbl.: Email. Werk: feines Vollplatinenwerk, Schlüsselaufzug, Kette/Schnecke, 2 Hämmer, dreiarmige Stahlunruh.
Feinst bemalt mit leuchtenden Farben zeigt das Ensemble verschiedene Episoden aus der Geschichte des großmütigen Scipio. Die Seiten des Außen- und Innengehäuses sind jeweils durchbrochen gearbeitet und verziert mit punzierten Voluten und Rankendekor, das Außengehäuse zusätzlich mit einem großen Diamantdrücker. Das Chatelaine besteht aus drei kartuschenförmigen, bemalten Emailtäfelchen verschiedener Größen, die von volutenverzierten Rähmchen eingefasst werden, Länge 135 mm.
Justin Vulliamy (1712-1797) war als sehr guter Uhrmacher in London bekannt. Im Jahre 1730 ging der gebürtige Schweizer eine Partnerschaft mit Benjamin Gray (1676-1764), der Uhrmacher des Königs Georg II. war, ein und führte dessen Unternehmen nach Grays Tod im Jahre 1764 weiter.
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Justin_Vulliamy, Stand 31.07.2013.
Der erwähnte Gehäusemacher Peter Mounier of Frith Street, Soho, London, arbeitete eng mit George Michael Moser (1706-1783) zusammen. Eine vergleichbare Uhr von George Graham, datiert 1752-1753, ist mit der gleichen Emailszene ausgestattet und trägt die Signatur "(G.) M. Moser Fecit". Diese Uhr ist der vorliegenden in der Ausführung des punzierten Dekors und Emailmalerei sehr ähnlich. Sie befindet sich heute im Schweizerischen Landesmuseum, Zürich, Inv. Nr. 49072 und ist abgebildet in "The Art of the Gold Chaser in Eighteenth-Century London" von Richard Edgcumbe, Oxford 2000, Abbildung 88. Im Text erwähnt Edgcumbe die Existenz des aktuellen Loses: "Enamelled versions of the scene, which differ in some respects, are found on B. Gray, J. Vulliamy xox, and a watch by Justin Vulliamy" (ebda. S. 106). Eine vergleichbare Version des Themas erscheint in einem Entwurf für den Deckel einer Dose, signiert "G M: Moser F" (ebda. Abb. 88c). Die figürliche Szene ist in abgewandelter Form übernommen von einem Gemälde des niederländischen Malers Gerard de Lairesse (Liège 1640-1711 Amsterdam). Man kann davon ausgehen, dass Mosers Adaption des Themas, mit der auffälligen weiblichen Figur im Zentrum, auch Einfluss auf andere Künstler hatte.
George Michael Moser (1706-1783) wurde am 17. Januar 1706 in Schaffhausen geboren. Er erlernte die Kunst des Punzierens und Vergoldens von seinem Vater Michael, einem Kupferschmied. Moser zog 1726 nach London, um für den Goldschmied und Punzierer John Valentine Haidt zu arbeiten. Ab 1737 arbeitete er selbständig in den Craven Buildings nahe Drury Lane; neben seinen Punzierarbeiten stellte er auch feine Emaillegehäuse her, von denen nur noch etwa 20 erhalten sind. Moser entwarf das Großsiegel von Georg III. und malte für Königin Charlotte Emailleportraits ihrer Kinder. In den 1740er Jahren wurde Moser zu einer angesehenen Persönlichkeit an der St Martins Lane Academy; im Jahr 1769 wurde er zum ersten Keeper der Royal Academy ernannt. Die von ihm geschaffenen Repoussé-Arbeiten gehören zu den höchstwertigen seiner Zeit. Moser arbeitete mindestens bis in die späten 1770er Jahre und war bis an sein Lebensende für die Royal Academy tätig.
In seiner Ausgabe vom 30. Januar 1783 schrieb das Gentleman's Magazine, dass Moser "in einem prachtvollen Beerdigungszug zu Grabe getragen wurde, an dem herausragende Künstler mit Sir Joshua Reynolds an ihrer Spitze teilnahmen, unter anderem Sir William Chambers. Neben zehn Trauerkutschen waren auch zwei Herrenkutschen Teil des Trauerzuges."
In "The Art of the Gold Chaser in Eighteenth-Century London" widmet Richard Edgcumbe dem Werk Mosers mehr als 40 Seiten Text und zahlreiche Illustrationen.
"Der Großmut Scipios" - ein oft verwendetes Thema, das sowohl in der Bildenden Kunst als auch in der Literatur und Musik weit verbreitet war.
Es beschreibt die Episoden des römischen Generals Scipio Africanus während seiner Kampagne in Spanien zur Zeit des Zweiten Punischen Krieges, wie sie von dem römischen Geschichtsschreiber Livius erzählt wurde.
Scipio verweigerte ein großzügiges Lösegeld für seine junge weibliche Gefangene, gab sie ihrem Verlobten, dem keltiberische Fürst Allucius zurück und verlangte im Gegenzug seine Unterstützung der römischen Armeen.
In Anerkennung seiner großherzigen Behandlung eines Gefangenen wurde Scipio als vorbildliches Beispiel für barmherziges Tun oft in klassischen Themen verwendet.

schätzpreis
75.000120.000 €
Realisierter Preis
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