96. Auktion

18.11.2017

Lot 282

E. J. Dent, 82 Strand & 33 Cockspur Street, London, Geh. Nr. 472, 77 mm, circa 1845
Seltenes Meridianinstrument "Dipleidoskop" nach Dents Patent von 1843
Geh.: Messing.
Die Bedeutung dieses eigentümlich geformten kleinen Instruments kann für die Jahrzehnte um die Mitte des 19. Jahrhunderts gar nicht hoch genug geschätzt werden. Man vergegenwärtige sich die Schwierigkeiten, in einer Zeit ohne moderne Kommunikationsmittel und ohne zuverlässige tragbare Uhren, Chronometer zu regulieren oder den Gang einer Präzisionsstanduhr zu prüfen. Außerhalb der Sichtweite des berühmten Greenwicher Zeitballs behalf man sich mit einem möglichst präzisen Regulator, der in Abständen justiert wurde oder gar - wie es Cedric Jagger im Vorwort seines Buches über Paul Philip Barraud beschreibt - mit Zeitboten: Angestellten der Chronometermacher, die von einer Fahrt nach Greenwich persönlich die genaue Zeit "mitbrachten". Oder man orientierte sich - wenn auch in England häufig vergebens - am Gang der Sonne und bestimmte mit einem Dent'schen Dipleidoskop ("Doppelbildbetrachter") den Mittagsdurchgang der Sonne und bestimmte dann mit Hilfe der Äquationstabelle die genaue mittlere Zeit.
Dieses von E. J. Dent (1790 - 1853) und seinem Partner J. M. Bloxam ersonnene Gerät sollte eine einfache Möglichkeit bieten, den Sonnendurchgang zu bestimmen. Die äußere Glasscheibe bildet mit den dahinterliegenden zwei Spiegeln ein Hohlprisma, das durch die Gestaltung des Gehäuses parallel zur Erdachse ausgerichtet ist. Bei exakter Nord/Süd-Ausrichtung erzeugt das Sonnenlicht sowohl auf der äußeren Scheibe als auch in den inneren Spiegeln ein Abbild; stimmt der Winkel der Spiegel mit dem Winkel des Sonneneinfalls überein, fallen beide Bilder zusammen und der wahre Sonnenmittag ist erreicht. Angeblich läßt sich dieser Moment bis auf wenige Sekunden genau bestimmen.
In seiner 25 Seiten umfassenden Schrift "Dent on the Dipleidoscope - with Instructions for its Use and Fixing" von 1845 beschreibt Dent selbst sein Instrument. Illustrationen zeigen englische Gentlemen mit der Taschenuhr in der Hand und dem Dipleidoskop auf der steinernen Treppe ihres Landhauses oder - die Augen durch eine dunkle Glasscheibe geschützt - auf einer romantisch umrankten Fensterbank. Im Anhang des Büchleins auch hier die Äquationstabelle.
Die Firma Dent stellte ihre Meridianinstrumente bis zur Jahrhundertwende her und noch 1907 empfahl ein Handbuch für Uhrmacher das Gerät für den praktischen Gebrauch.
Die Gestaltung des vorliegenden Exemplars deutet im Übrigen auf eine gehobene Preisklasse hin: Ein mit Voluten geschmückter Sockel mit einem abgesetzten runden Aufsatz für das Prisma ist selten zu finden und weit aufwändiger herzustellen als das Standardmodell wie es auch bei Dent abgebildet ist.

Verkauft

schätzpreis
2.0003.000 €
Realisierter Preis
1.800 €