98. Auktion

10.11.2018

Lot 301

Jean François Poncet à Dresden, 105 mm, 944 g, circa 1750
Museale Kutschenuhr mit Viertelstunden-/Stundenrepetition und Wecker im Repoussé-Gehäuse "Der Raub der Europa"
Geh.: Silber, randseitig durchbrochen gearbeitet, Bodenglocke. Ziffbl.: Silber, Champlevé, zentrale drehbare Weckerscheibe. Werk: Vollplatinenwerk, Federhaus/Kette/Schnecke für Gehwerk, 2 floral gravierte Federhäuser für Schlag- und Weckwerk, 3 Hämmer, Spindelhemmung, dreiarmige Stahlunruh.
Das aufwändig gestaltete, silberne Außengehäuse ist am Rand durchbrochen gearbeitet und mit Ranken dekoriert. Weiterhin zieren Rocaillen und Voluten die Rückseite und umgeben die punzierte Szene des im 18. Jahrhundert sehr beliebten Themas der Verführung der Europa.
Jean François Poncet war ein Schweizer Uhrmacher französischer Abstammung. Er wurde am 12. Dezember 1714 in Genf geboren, als Sohn von Samuel de Poncet und Anne Marie de Choudens, einer französischen Hugenotten-Familie, die aus der Gegend um Marseille nach Genf flüchtete. Die Familie Poncet stammt angeblich aus altrömisch-konsularischem Geschlecht, führte den Legionsadler in ihrem Wappen und ihren Stammbaum bis auf Pontius Pilatus zurück. Sie stammten aus der Gegend von Marseille, dem Verbannungsort ihres berühmten Ahnherrn und waren wegen ihres Calvinismus nach Genf gekommen. 1730/35 kam Jean Francois Poncet nach Dresden und zog durch seine Leistungen sofort die Aufmerksamkeit des Hofes auf sich. Poncet wurde Hofuhrmacher des Kurfürsten von Sachsen bzw. des Königs von Polen, August III, der ihn zum Geheimrad u. Direktor des Günen Gewölbes ernannte. Kaiser Joseph II adelte ihn und sein König belehnte ihn mit einem Gut in Polen. So war Herr von Poncet zu Ansehen und Reichtum gelangt. Aber die polnischen Kriege, Unfälle und vor allem sein "Forschen nach dem Stein der Weisen" ließen sein Vermögen schmelzen. Jean François Poncet verstarb völlig verarmt am 3. Juli 1804 in Loschwitz bei Dresden. Von seinen Arbeiten - es sind meist kostbare Sackuhren in Edelsteingehäusen und silber-getriebene Satteluhren - sind noch einige Exemplare in Privatbesitz, Uhrensammlungen und Museen erhalten, unter anderem eine goldene Taschenuhr mit weißem Emailzifferblatt, Gehäuse aus Meißner Porzellan mit Miniatur-Watteau-Szenen (um 1760), aus der ehem. Sammlung Junghans (Württembergisches Landesmuseum Stuttgart, Inv. Nr. 1968-61).
Quelle: Jürgen Abeler, Meister der Uhrmacherkunst, 2. Auflage, Wuppertal 2010, Seite 436;
Klassik-Uhren-Journal Nr. 3/2002, Seiten 24-32, "Der Uhrmacher am sächsischen Hof und seine Familie in Dresden - John Francois Poncet von Hans Thieme".
"Der Raub der Europa war im 18. Jahrhundert ein sehr beliebtes Thema, das in den bildenen Künsten vielfach dargestellt wurde.
Das reizvoll-pikante Thema der Verbindung eines mächtigen Stieres und einer anmutigen Jungfrau war traditionell der Gegenstand von Kleinskulpturen, schon seit der Renaissance in Bronze und besonders in der Zeit des Rokoko für Porzellangruppen. (...)
Das leichtlebige Rokoko wählt aus den zahlreichen antiken Interpretationsmöglichkeiten des Mythos Raub der Europa die unpathetisch-erotische Variante: Europa wird (...) keineswegs das Opfer einer gewalttätigen Entführung. Aus dem Raub der Europa wird die Verführung der Europa. Das Ende der Geschichte: Der Stier trägt die Jungfrau in einem triumphalen Zug, der von Nereiden und Tritonen begleitet wird, über das Meer an die Küste der Insel Kreta."
Lit.: Elke Niehüser, Die Französische Bronzeuhr, München 1997, Seite 34f.

Verkauft

schätzpreis
32.00045.000 €
Realisierter Preis
37.200 €