98. Auktion

10.11.2018

Lot 490

Janvier à Paris, Nr. 176, Höhe 1540 mm, circa 1791
Bedeutende, große Directoire Lyrenpendule mit Datumsanzeige und Stundenselbstschlag
Geh.: Messing, feuervergoldet. Das lyrenförmige Nußbaum-Gehäuse verziert mit geschnitztem Akanthuslaub und Blütenkranz, bekrönt von Fackel und Köcher. Ziffbl.: Email, kleines Kalenderzifferblatt im Stundenzeiger. Werk: rundes Messing-Vollplatinenwerk, signiert, 2 Federhäuser, 1 Hammer / 1 Glocke, Scherenhemmung, auf Stiften gelagertes Messing/Stahl-Rostpendel.
Mit freundlicher Unterstützung von Michel Hayard, dem Autor des Janvier Standardwerkes
"Vielen Dank für die Fotos und die Abmessungen. Mit diesen Details kann ich bestätigen, dass die Uhr von Janvier gefertigt wurde; nach meinen Aufzeichnungen stellte er sie vermutlich zwischen März und Juni 1791 her, als er in den 'Menus Plaisiers' in Paris ansässig war."
"Die Lyra ist als Attribut Apollos zu verstehen, dessen Haupt im Strahlenkranz als Bekrönung erscheint. Die Dekoration mit Symbolen des Sonnengottes steht im Einklang mit der Funktion der Uhr. Das englische Königshaus besitzt ein weiteres solches Modell."
Quelle: H. Ottomeyer and P. Pröschel, Vergoldete Bronzen, München 1986, Band I, S. 252.
Antide Janvier wurde am 1. Juli 1751 in Briva geboren. Er erlernte die Grundlagen des Uhrmacherberufes von seinem Vater Claude Étienne Janvier, der das Talent seines Sohnes erkannte und ihn frühzeitig förderte. Er wurde in Latein, Griechisch, Mathematik und Astronomie von einem örtlichen Abt unterrichtet. Bereits im Alter von fünfzehn Jahren konstruierte und fertigte er 1766 eine Armillarsphäre (Modell des Sonnensystems), die er der Akademie der Wissenschaften, Literatur und Kunst von Besançon vorstellte und die dort viel Bewunderung fand. Am 24. Mai 1768 wurde ihm dafür eine schriftliche Anerkennung von der Akademie der Wissenschaften überreicht.
Als Hersteller von komplizierten und schwierigen Uhren in allerhöchster Qualität, einschließlich vieler Pendulen, Globen, astronomischer Uhren, Sphären und Planetarien, erwarb sich Janvier schnell Anerkennung.
1783 fertigte er zwei Sphären für Ludwig XVI, daneben wurde er Uhrmacher des Bruders von Ludwig XVI, dem späteren König Ludwig XVIII. Während der Französischen Revolution verbrachte er wegen dieser königlichen Verbindungen viel Zeit im Gefängnis und geriet danach in finanzielle Nöte, da viele seiner Arbeiten nicht bezahlt wurden. Von 1789 bis 1801 entwarf und fertigte Antide Janvier eines seiner großten Meisterwerke: Eine Uhr, die eine Armillarsphäre antreibt.
Janvier fertigte auch Uhren für Abraham-Louis Breguet, welche dieser unter seinem Namen verkaufte. Unter dem Konsulat 1802 eröffnete er eine Schule für Uhrmacherei. Er wurde Hofuhrmacher des Königs Louis XVIII und gewann die Goldmedaille auf der Ausstellung 1823. Im Jahre 1825 wurde er Ritter der Ehrenlegion. Antide Janvier verstarb in Paris im Krankenhaus "Hôspital Cochin" 23. September 1835 um 8 Uhr morgens im Alter von 84 Jahren vollkommen vergessen in völliger Armut. Auf seiner Todesakte stand: "Antide Janvier, staatenlos", "Todesursache: Alter". Heute ist klar, was für ein ausserordentlicher Uhrmacher Antide Janvier war; Besançon und Saint-Claude ehren ihn mit Straßennamen. Die größte Sammlung seiner Meisterwerke, welche für die Öffentlichkeit zugänglich ist, befindet sich heute im Musée Paul-Dupuy in Toulouse.

schätzpreis
60.00080.000 €
Realisierter Preis
-