97. Auktion

12.5.2018

Lot 88

Isaac Thuret à Paris, Höhe 250 mm, circa 1675
Bedeutende Louis XIV Reiseuhr mit Halbstunden- /Stundenselbstschlag und früher Unruhspirale im selten puristisch, aber typischen von Boulle entwickelten Uhren-Gehäusetypus "tête du poupée"
Geh.: ebonisiertes Holz. Ziffbl.: vergoldetes Messing, aufgelegter versilberter Ziffernring, signiert. Werk: lyrenförmiges Messing-Vollplatinenwerk, 2 Federhäuser für Geh- und Schlagwerk, 1 Hammer / 1 Glocke, Schlossscheibe, Spindelhemmung, große dreiarmige Stahlunruh, gebläute, flache Unruhspirale.
Sockel und Kopfteil des ebonisierten, lyrenförmigen Louis XIV Gehäuses ist profiliert, bekrönt wird das Gehäuse von einer Glocke. Das ebenfalls lyrenförmig gestaltete Messingzifferblatt ist vergoldet und besitzt feinst ausgeführte Gravuren von Akanthus, Voluten und einer Blütengirlande. In der unteren Hälfte ist es, ähnlich der Signaturschilder früher "Religieuse" Pendulen, rechteckig geformt und trägt die Signatur "Thuret à Paris". Das vergoldete Messingzifferblatt bildet den Hintergrund für den versilberten Ziffernring mit römischen Champlevé Stunden. Ein Reglerausschnitt für die Spiralfeder befindet sich im oberen Abschnitt.
Isaac Thuret (1649-1706) war einer der bedeutendsten französischen Uhrmacher. Im Jahr 1684 wurde Thuret zum königlichen Uhrmacher (Louis XIV) sowie zum Uhrmacher des Pariser Oberservatoriums ernannt. 1686 etablierte er sich in der Galerie du Louvre. Er wartete die Uhren des Schloßes Fontainebleau, sowie zwischen 1689 und 1694 die Uhren des Pariser Oberservatoriums und der Akademie der Wissenschaften. Am 22. Januar 1675 fertigte er die Uhr mit der ersten Unruhspirale für Huygens und gab es als seine eigene Erfindung aus. Später entschuldigte er sich bei Huygens dafür. Thuret fertigte ebenso Großuhren mit Spindelhemmung, Zykloidenbacken und Sekundenpendulen für Huygens, wovon eine im Boerhaave Museum in Leiden aufbewahrt wird. Er produzierte ebenso eine große Anzahl von "Religieuse" Pendulen.
Quelle: H.B. Vehmeyer "Clocks their origin and development 1320-1880", Band II, Wilsele 2004, Seite 994.
Eine Sonderform der unter Ludwig XIV. entstandenen "tête du poupée" Pendulen ist die entwicklungsgeschichtlich bedeutende "Puppenkopfuhr". Auf einem breiten, meist in Boulle-Technik dekorierten Sockel steht das im Umriss oft unruhig wirkende Gehäuse, das den Ziffernring rahmenartig umgibt. Vorbild für diese Form könnten die Spiegel- und Monstranzuhren des späten 16. und frühen 17. Jahrhunderts gewesen sein. Die eigentümliche Gehäuseform ist durch ihre Trennung zwischen Sockel und Werkgehäuse eine entscheidende Voraussetzung für die unter Ludwig XV. gebauten Pendulen geworden.
Eine ähnliche Uhr allerdings mit Kurzpendel und Unruh im Boulle-Marketerie Gehäuse von Isaac Thuret hatten wir in unserer 95. Auktion im Mai 2017, Lot 363. Eine weitere Uhr ist abgebildet und beschrieben in: H.M. Vehmeyer "Clocks their origin and development 1320-1880", Band II, Wilsele 2004, Seite 836f.
Provenienz: Justice Warren Shepro Collection

Verkauft

schätzpreis
7.00012.000 €
Realisierter Preis
9.300 €