103. Auktion

7.11.2020

Lot 124

Theodor Knoblich, Altona, Werk Nr. 1810, Höhe 1340 mm, circa 1870
Eleganter Präzisionsregulator "prima Qualität, genau nach Kessels Modell" mit Messing/Stahl-Kompensationspendel, vermutlich ehemals eingesetzt in der KuK-Marine-Sternwarte Pola, Istrien
Geh.: Mahagoni, abnehmbar. Ziffbl.: versilbert. Werk: Trapezform-Messingwerk, Anker- und Gangradwelle mit Saphir-Lagern, Graham-Hemmung mit justierbaren Stahlpaletten mit eingelegten Saphiren, Aufhängung über Pendelfeder.
Bei dem demnächst erscheinenden Band 6 der Reihe Präzisionspendeluhren in Deutschland von 1730 bis 1940 beschreibt Jürgen Ermert diese bislang unbekannte Uhr von Theodor Knoblich folgendermaßen:
"Bei der auf dem Zifferblatt mit "Knoblich. Altona. 1810." signierten Uhr handelt es sich um eine sehr frühe Knoblich-PP-Wanduhr von etwa 1870/71 - es sind nur drei weitere erhaltene Knoblich-Uhren mit den Nummern 1711, 1736 und 1808 in der Zeit von 1866 an bekannt - mit einem typisch hanseatischen Mahagonigehäuse (Maße H. 1340 x B. 330 x T. 21cm), mittig verglast sowie mit verschließbaren und verglasten Türen oben und unten. Das Gehäuse mit zwei Teilen (Kopf + Unterteil) ist mit 8 großen gedrehten Messingschrauben an der Rückwand befestigt. Das versilberte Regulatorzifferblatt (Maße 225 x 225 mm) hat eine Zentralminute und ein 24-Stundenzifferblatt mit arabischen Ziffern für Sternzeitbetrieb. Die Fertigungsnummer "1810" ist hier (und bei den folgenden Knoblich-Uhren) von unten am Rand des Zifferblatts nach oben in den Stundenkreis verlegt.
Die Uhr hat ein trapezförmiges 8-Tage-Messing-4-Pfeiler-Werk in der Art von Kessels mit chatonisierten Lagern (Anker- und Gangradwelle mit Saphiren) und einer Graham-Hemmung mit einem Anker mit verstellbaren Saphir-Paletten mit einem Knoblich-spezifischen Übergriff von 6½ Zähnen. Der Antrieb erfolgt über ein kleines messingummanteltes Bleigewicht von 654 g, ebenfalls mit einem Haken oben und unten, wie wohl generell bei Knoblich. Auch hier finden wir den seltenen "irregulären Wolkenschliff" auf den Werkplatinen und der Werkhalterung. Die Uhr hat einen guten Originalzustand. Es wurde jedoch anstelle des ursprünglichen Quecksilberkompensationspendels ein 9-stäbiges, ca. 12,75 kg schweres Rostkompensationspendel mit 5 Stahl- und 4 Messingstäben mit polierter Messing/Bleilinse (D. 210 mm) eingesetzt. Auch die versilberte Pendelskala ist dabei die Originale geblieben."
Aufgrund der Werknummer läßt sich die Entstehungszeit der Uhr relativ sicher auf 1870/71 datieren. Genau zu dieser Zeit wurde im damals Österreichischen Pola die neu erbaute Sternwarte in Betrieb genommen und der verantwortliche Astronom Johann Palisa führt unter den astronomischen Instrumenten neben zwei Pendeluhren von Vorauer und einer von Dent auch eine "Pendeluhr von Knoblich" auf, bei der es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um die vorliegende Uhr handelt.
Als weitere Besonderheit, die neben dem 24-Stunden-Zifferblatt ebenfalls für den Einsatz im astronomischen Umfeld spricht, besitzt die Uhr auf der Ankerachse einen Hebel für die von Knoblich erfundene galvanische Unterbrechungsvorrichtung. Die Bohrungen für die notwendigen Kontakte sind seitlich am Gehäuse noch vorhanden.
Ermert unterscheidet bei den Präzisionspendeluhren von Knoblich grundsätzlich zwei Werktypen unterschiedlicher Qualität, was sich auch deutlich im Preis bemerkbar machte. Dabei sind die Uhren der "prima Qualität, genau nach Kessels Modell" an der vertikal übereinander stehenden Anordnung der Radachsen zu erkennen, wie es auch bei unserer Nr. 1810 der Fall ist.
Theodor Knoblich wurde am 28. November 1827 in Friedland (Preußisch Schlesien) geboren. Schon während seiner Schulzeit unterstützte er seine Eltern indem er Stecknadeln fertigte und Musikinstrumente reparierte. Er arbeitete mehrere Jahre in Altona bei Moritz Krille. Danach wurde er bei Schneider in Hamburg Werkführer und übernahm 1863 das Geschäft von Krille. Die Firma nannte sich nun Theodor Knoblich, Krills Nachfolger. Er baute viele Sekundenuhren und Seechronometer, belieferte deutsche und ausländische Sternwarten mit zahlreichen Chronographen und elektrischen Uhren. In Kontakt mit der indes von Altona nach Kiel verlegten Sternwarte erweiterte er seine Kenntnisse der wissenschaftlichen Instrumente, baute zum Repsoldschen Aequatorial ein elektrisches Echappement, ähnlich dem Tiedeschen und seit 1871 für Sternwarten wie beispielsweise Hamburg und Straßburg, Pendeuhren mit und ohne Barometerkompension. 1877 verlegte er sein Geschäft nach Hamburg und arbeitete dort auch mit Ferdinand Dencker zusammen, um Chronometer zu fertigen. Doch diese Verbindung löste sich bald. Er erhielt Auszeichnungen in Stettin 1865, in Altona 1869 und in Wien 1873. Er fertigte feine Uhren, Pendel und Chronometer selbst vollständig. Nur die Zugfedern für seine Chronometer bezog er aus England, die Unruhen und Hemmungen fertigte er fast eigenständig. 1891 verkaufte Knoblich sein Geschäft wegen gesundheitlicher Probleme und setzte sich zur Ruhe. Er verstarb am 1. Juli 1892.
Quelle: https://watch-wiki.org/index.php?title=Knoblich,_Theodor, Stand 09.02.2016.

Verkauft

schätzpreis
19.00030.000 €
Realisierter Preis
26.900 €