105. Auktion

13.11.2021

Lot 185

Piguet & Meylan

Bedeutende, halbperlenbesetzte Goldemail-Taschenuhr mit Zentralsekunde, Viertelstundenrepetition und stundenselbstauslösendem Musikspielwerk mit zwei Automaten, für den chinesischen Markt mit originaler goldbeschlagenen und mit Samt ausgeschlagenen Saffianleder Schatulle - "Ein Sommerblumenbouquet"

schätzpreis
150.000200.000 €
Realisierter Preis
-
Merkmale
Gehäuse
18 kt Roségold, polychromes Email, Halbperlen, Goldcuvette mit floralem Dekor in Champlevé Email.
Zifferblatt
Weißes und polychromes Email, zwei Automaten "à quatre couleurs".
Werk
Brückenwerk, Schlüsselaufzug, 2 fliegende Federhäuser, Zylinderhemmung, dreiarmige Ringunruh, 2 Hämmer / 2 Tonfedern, Musikspielwerk "sur plateau" mit doppelseitiger Stiftenscheibe und Vibrationsblättern, spiegelpolierte, anglierte Hebel für Musikspielwerk.
Geh.-Nr.4836
Maße53 mm
Circa1820
LandSchweiz
Gewicht127 g


Dieses wunderbare Stück gleicht einem unberührten Dachbodenfund, Uhren dieser Art werden aktuell nur selten angeboten.
Es ist ein Spitzen-Belegstück für die Blütezeit der Genfer Emailmalerei in der 1. Hälfte des 19.Jh.. Eine Qualität, die weder vorher noch nachher je wieder erreicht wurde. Die Emailmalerei ist die Königsdisziplin unter den Emailtechniken wie "Cloisonné" und "Champlevé". Die Miniaturmalerei des Blütenbouquets ist von höchster Vollendung, was auch in der Vielfalt und feinsten Nuancierung der Farben zum Ausdruck kommt.
Die einzelnen Farben wurden bei einer Ofentemperatur von 800 bis 900° schichtweise entwickelt und verlangten äusserste Geschicklichkeit, Geduld und Erfahrung. Das "Einbrennen" erfolgte in 20 und mehr Schichten und Brennvorgängen, wobei jeder Vorgang die vorherige Arbeit in Frage stellte. Als Abschluss wurde ein transparentes Email als Schutzschicht und zur Intensivierung der Farben aufgetragen, auch als "Fondant de Genève" bekannt. Ein äusserst riskanter Vorgang. Um eine Emailminiatur dieser Qualität zu erreichen waren oft vier bis sechs Monate nötig.
Das feinst bemalte Emailmedaillon auf der Rückseite ist von höchster Qualität und zeigt eine filigrane Blumenkomposition aus Rosen, Veilchen, Prunkwinden und anderen Sommerblumen auf einem opak hellvioletten Grund. Das Gehäusemittelteil, der Pendant und der Bügel sind verziert mit Champlevé Email aus opak dunkel- und hellblauen Bändern und mit kleinen Halbperlen besetzt, sowie die Lunetten auf beiden Seiten der Pendant und Bügel - eine Uhr außergewöhnlicher Qualität und Farbintensität.
Das weiße Zifferblatt mit röm. Ziffern und Zentralsekunde ist dezentral angeordnet und eingebettet in eine pastorale Szene vor opak polychromem Grund. Beim Auslösen des Automatenwerks bewegen sich am unteren Rand des Zifferblattes die zwei Automatenfiguren aus vierfarbigem Gold: links spielt ein Jüngling auf einer Laute, rechts eine Dame eine Drehleier. Gleichzeitig beginnt das Musikspielwerk zu spielen.


Piguet war ein handwerklich geschickter Uhrmacher, der seine Uhren in Partnerschaft mit Henry Capt, Philippe Samuel Meylan, und später zusammen mit seinen Söhnen herstellte. Philippe Samuel Meylan kam als Zwanzigjähriger nach Genf, wo er für Audemars Frères arbeitete. Er machte sich 1811 nahe Le Brassus selbständig, kehrte dann aber wieder nach Genf zurück, wo er Piguet kennen lernte und mit ihm eine Partnerschaft gründete. Isaac Daniel Piguet und Philippe Samuel Meylan firmierten von 1811-1828 in Genf unter der Bezeichnung "Piguet & Meylan". Dieses Unternehmen erlangte bald Bekanntheit durch die Produktion von dekorativen Email Taschenuhren für den chinesischen Markt und für Uhren, die mit besonderen Funktionen ausgestattet waren. Es wurden Automaten mit Tier- und Menschengestalt, aufwändige Musikspielwerke und Skelettuhren hergestellt.